Mal eben 5 Tage weg :)

  • Servas mitanand,


    ich darf ja noch über meine Sicht der Dinge von der Tour mit Ralf1983 berichten. Bitte tuts mir den Gefallen und kommentiert dem besseren Lesefluss zuliebe vorerst nicht, bis ich beim 10.08.21 angelangt bin - ich gebe mir Mühe das schnell hinter mich zu bringen, zumal ich ja noch den Bericht von meiner letzten Tour schuldig bin. Vielleicht kann ich das ja sogar verbinden?! Danke. :)


    Freitag, 06.08.2021


    Der Ralf und ich wollten ja schon länger mal miteinader touren, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen: schlechtes Wetter, Corona, keine Zeit, Hamster gestorben, ach was weiss ich. Jetzt ist es endlich so weit und wir sind um Punkt 09:45 an einer Tanke kurz hinter der Bergisel an der alten Brennerstraße verarbredet.


    Mein Tag beginnt ziemlich früh, nämlich um 05:00. Draußen ist es zappenduster, der Regen tröfelt leise vor sich hin und beim Kaffee nach der Dusche gilt es die erste Entscheidung der Tour zu Treffen: über die Autobahn oder doch lieber über den Riedbergpass, das Oberjoch durchs Tannheimer Tal und dann über das Hahntennjoch in Richtung Innsbruck? Autobahnfahren macht ohne Regen schon keinen Spaß, also verlasse ich mich auf mein Glück. Scarlett steht schon gesattelt bereit und um exakt 05:59 rolle ich aus der Tiefgarage. Schlechte Entscheidung? Ich weiß es nicht, aber knapp 45 verregnete Minuten später erreiche ich meine große Liebe, den Riedbergpass. Situuationsbedingt und mit Vmax 70km/h kommt jetzt nicht wirklich Festtagsstimmung auf, aber better safe than sorry. Die Straße ich leicht schmierig und ich habe ja noch ein paar km vor mir.


    Auch wenn es inzwischen aufgehört hat zu regen lässt mich das Oberjoch trotzdem nicht in Jubelarien ausbrechen: trotz früher Stunde laufe ich auf halber Strecke nach oben auf einen Pickup mit Hänger, der stoisch 30 fährt. Hmpf, das geht ja gut los. Immerhin entschädigt bei einem kurzen Tschickstop der Blick von der Kanzel.


    Wenig später bin ich wieder unterwegs durch das Tannheimer Tal, eine Strecke die ich immer wieder gerne fahre. Es ist wenig los und erst am Gaichtpass hält mal wieder ein Genussbremser im dicken Benz alle auf - aber auch dieses mobile Hindernis bin ich irgendwann los.


    In Stanzach gönne ich mir einen schnellen Instantkaffe und eine Semmel, ein geschätzt 120 jähriger Einheimischer kann gar nicht fassen, dass ich bei dem Wetter (es nieselt wieder leicht^^) über das Hahntennjoch fahren will. Ich tue es trotzdem und wie immer macht mir die Auffahrt aus Elmen kommend mehr Spaß, als die engen Stellen runter nach Imst. Von dort geht es doch noch für einen kurzen Hüpfer auf die Autobahn und pünktlich wie ein schweizer Uhrwerk erreiche ich um Punkt 09:45 den vereinbarten Treffpunkt, an dem Ralf schon wartet. Schnell getankt, kurzes Bezingespräch inkl. Bewunderung von Ralf neuer Tracer 700 (Tschuligom, Scarlett hat sich ins Bild gedrängt - vermutlich wollte sie mit der alten Kriegsverletzung von dem Schlammlöhrer in Luxembourg Eindruck schinden)

    und um 10:00 starten wir dann zu zweit durch.


    Zunächst über die alte Brennerstrasse, wo bereits nach kurzer Zeit im Stubaital ein paar rücksichtslose Flachland-Bolzer auf ihren GS vor unübersichtlichen Kurven mal schnell durch uns durchpflügen. Wir lassen sie und fahren entspannt weiter in Richtug Sterzing und kassieren sie bereits bei Gries wieder. Erinnert mich irgendwie an die GS-Asis auf der Dolostour im vergangenen Jahr. Die Deppen sterben halt einfach nicht aus... :)


    Wie auch immer, wir biegen jedenfalls bei Sterzing ab in Richtung Penser Joch. Hier kann der Ralf sich mal ganz entspannt warmfahren. Es ist nichts los und ohne Zwischenfälle erreichen wir das Joch.


    Nur eine Tschick später sitzen wir schon wieder auf unseren Hobeln und fahren entspannt das Sarntal runter in Richtung Bozen... und als der Rald gerade glaubt, er müsste auf dieser Tour nichts tun biegen wir dann ab auf die SP135 Richtung Lengmoos, wo es einen kleinen Ausblick darauf gibt, was die nächsten Tage so zu bieten haben werden. :)

    [Externes Medium: https://youtu.be/v8cpAPp0FCc]


    Eine geile Strecke, die ich immer wieder gerne fahre. Beinahe sofort bin ich im "Flow" und ich muss mich leicht zurückhalten. 700 gegen 1000er ist ja nicht ganz fair, aber Ralf macht seine Sache gut.


    Bei Lengmoos legen wir dann einen kleinen Stop für eine Zwischenmalzeit ein und bewundern aus der Entfernung die Erdpyramiden,


    (Ins Bild klicken für Panorama, kennt Ihr ja schon...^^)


    Über teilweise seeehr enge Nebenstraßen geht es weiter Richtung Barbian und Klausen, ehe wir ins Vilnösser Tal abbiegen und uns aufmachen Richtung Würzjoch, damit schon leicht an den Dolos kratzen und Ralf einen ersten Eindruck davon gewinnt was "André-Land bedeutet".^^

    [Externes Medium: https://youtu.be/D79xDmis3h0]


    Ab da bin ich dann wirklich im Flow und vergesse Ralf total... bis mir kurz das Vorderrad auf einem schmackigen Stück weggeht. Am Vortag hat es noch gut geregnet und es ist echt viel Schmodder auf der Straße. Alles gut, Ralf hat bald wieder aufgeschlossen und bis zur Hasenhüttel machen wir dann wieder etwas gemächlicher (trotzdem kein Grund um im Standgas weiterzufahren^^) und halten für einen kurzen Fotostop.


    Weiter geht es leicht kurvig zum nicht weit entfernten, aber unspektakulären Würzjoch


    und kurz danach zum Furkelpass.


    In Olang steht dann mal wieder ein dringend benötigter Kaffeewechsel an


    bevor wir uns durch das wunderschöne und fahrerrisch abwechslungsreiche Lesachtal



    langsam aber sicher unserem Tagesziel, dem Durnthaler Hof


    in Tröpolach, übrigens direkt an der Auffahrt zum Nassfeld Pass gelegen, nähern.


    Hier gibt es dann etwas spät gegen 18:45 ein Stiefelbier


    , die Zimmer werden bezogen und der Abend klingt bei mit Liebe gekochten Rindsrouladen aus. Hach, der Tag ist noch richtig schön geworden und ich glaube der Ralf war auch ganz zufrieden. :)

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!

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  • Samstag, 07.08.21


    Der frühe Vogel kann mich mal, ich bin trotzdem wie immer um Punkt 6 wach. Dafür nehme ich dann gerade noch so den Sonnenaufgang bei einem kleinen Spaziergang mit,


    bevor ich um Punkt 06:30 Christine, unsere wundervolle Wirtin, um einen Kaffee anbettel. Sie ist vorbereitet und ich bekomme eine ganze Kanne, auch das Frühstücksbufffet

    motorradfreizeit.de/attachment/8855/

    steht schon. Chapeau!


    Ralf trudelt 20 Minuten später entwas unternächtigt ein und hat nochmal Gesprächsbedarf wegen der frühren Abfahrt möglichst um 07:30... Glockner Baby! Hochsaison! Idiotenalarm!


    So ganz pünktlich kommen wir nicht los, aber na ja. Es rächt sich bereits auf dem Weg nach Döllach, wo wir bei einer der letzten echten Metzgereien


    in der Region ein paar geile Landjäger als Jause für alle Fälle erstehen, bevor wir direkt hinter dem Ort auf die Apriacher Höhenstraße abbiegen. Hier gibt es dann zum ersten Mal echtes "André-Land" für Ralf: kleine, einspurige Straßen, verwinkelt bis zum geht nicht mehr. Und parallel zur Bundesstraße auf der fast alle anderen Richtung Heiligenblut fahren. Wir sind allerdings ein paar hundert Meter höher und haben eine grandiose Aussicht!


    An der Maustelle angekommen ist schon ganz gut was los,


    Ralf verzichtet trotz erneuter Bekanntgabe der Temperaturen oben auf dem Gipfel aber darauf, noch eine isolierende Schicht über seine Lederkombi zu ziehen... was ungefähr bis halb hinauf zum Hochtor hält. Dann fahren wir rechts ran, Ralf zieht den Froschanzug drüber


    und wir sortieren uns in ordentlich Verkehr wieder ein. Kann man so machen, muss man aber nicht.^^


    Immerhin schaffen wir es anschließend sogar, bei der Edelweißspitze einen Parkplatz zu ergattern und den Turm zu erklimmen. Es ist brutal was los um 10:30



    und Rald will schnell wieder runter. Ich vermute, ihm ist kalt. Leder ist halt nicht immer supi... denke ich, während ich mit Funktionsunterwäsche unter der Textilkombi fahre. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt: Ralf ist zum ersten Mal bei solchen Bedingungen hier unterwegs und heute ist es wirklich frisch. Also alles gut. :)


    Leider nicht alles gut ist dann auf dem Weg nach unten in Richtung Ferleiten. Bereits nach kurzer Zeit habe ich den nicht sehr lieblichen Duft nach Bremsbelägen in der Nase und nicht lange darauf folgt das Auffahren auf ein Wohnmobil mit gelbem Nummernschild. An Überholen ist ob des stark vertretenenGegenverkehr nicht zu denken - als kleines Sahnehäubchen sind auch sehr, sehr viele Verkehrsteilnehmer am Start, die mit der Steuerung ihrer fahrbaren Schrankwände brontal überfordert sind und jede noch so kleine Kurve (und teilweise sogar die Geraden!) schneiden müssen. Da bin ich doch immer noch für ein "Bergdiplom-Fahrtraining", ohne das die größten Fahrkünstler solche Strecken nicht mehr befahren dürften... Hach, da wir der Wunsch der Vater des Gedanken bleiben.


    Das Wohnmobil mach natürlich auch keinen Platz und quält sich den Berg hinunter, aber irgendwann ist es doch geschafft. Kurz vor Fusch meldet Ralf den Wunsch nach einem Stop an. Ich vermute, ihm ist warm^^. Leder und Froschanzug ist halt nicht immer eine tolle Kombi... denke ich, während meine Funktionsunterwäsche unter der der Textilkombi immer noch sehr angenehm ist. Ich halte erst einen Daumen hoch um zu signalisieren, dass ich ihn verstanden habe und will denn knappen km bis Fusch noch hinter uns bringen. Dann ist Ralf ca. 500m vor dem geplanten Stop auf einmal weg. Herrjeh... das erinnert mich irgendwie an Kathrin.^^


    Es kommt, wie es kommen musste. Ralf war zu warm, weswegen er in einer Bushaltestelle angehalten hat, um sich wieder des Froschanzugs zu entledigen. Nach der stressigen Glocknersache bin ich etwas genervt. Es gibt eine kleine Ansage: "der Guide bestimmt den Stop" und ich drehe wieder die paar hundert Meter um, um dann beim Hotel Wasserfall


    für eine eh geplante Koffeintransfusion zu stoppen. Wenig später kommt auch Ralf an und nach einem Cappucino für ihn und einen doppelten Espresso für mich ist die Welt wieder in Ordnung. War ja von keinem von uns böse gemeint und wir gewöhnen uns erst an einander. :)


    Weiter geht es dann erstmal wieder entspannt in Richtun Matrei in Osttirol und durch den mautlflichtigen Tauerntunnel um nur 10 Euronen pro Person. Es gibt zwar keinen Kaffee, aber eine kurze Pinkelpause mit Blick über das Tauerntal,


    bevor wir rechts abbiegen und durch das Defereggental weiterfahren in Richtung nächstem Zwischenstop, dem Staller Sattel. Ausggefuchst wie wir sind, ist kurz vor Rinderschinken (ja, das heisst tatsächlich so!) noch ein kurzer Tankstop geplant. Aus dem "kurz" macht uns ein Italiener dann ein Kruzifix, denn wenn man "uno" und "due" bei den Tanksäulen nicht auseinanderhalten kann, steht man halt falsch. Ich mache aus der Not eine Tugend und fahre von der von ihm gezahlten Zapfsäule weh, dummerweise trödelt er rum und ein anderer Autofahrer besetzt seine ursprüngliche Zapfsäule, während "mein" dann wegen Timeout zurücksetzt und er nochmal das Spiel mit der EC-Karte am SB-Terminal von vorne beginnt. Bei machen Leuten frage ich mich wirklich, wie die alleine überlebensfähig sind... Wie auch immer, nach einer geschlagenen Viertelstunde haben auch Ralf und ich genug Saft nachgelegt und brezeln weiter zum Staller Sattel.


    Tja, das Timing hätte nicht besser sein können, denn wir müssen nur noch 34 Minuten warten, bis die nächste Grünphase für uns kommt. Hmpf!!! Immerhin stehen wir ziemlich weit vorne. Was nichts bedeuten muss... :)


    So ganz optimal läuft der Tag jetzt bisher nicht, und vor uns dräuen auch schon wieder Regenwolken. Egal, Mittach! Wir kehren bei der Hexenschenke ein und bekommen auch zügig die gewünschten Getränke. Nur: das Essen lässt auf sich warten und entpuppt sich dann in meinem Fall als kleine Enttäuschung: die gegrillte Salciccia ist ganz OK, aber die Polenta ist so ziemlich der fadeste, nicht ganz durchgekochte Maisbrai, den sich mir inner- und außerhalb Italiens jemals jemand zu servieren getraut hat. Porca misera! Ich esse nicht auf, bezahlt habe ich schon. Keine Ahnung, wie Ralfs Bretteljause war, sah aber auch nicht wirklich toll aus.


    Egal, gleich geht es weiter. Die Jungs vor uns machen sich schonmal heiß und als die Ampel endlich auf grün schaltet, zischen sie ab wie Schmitz Katze. Leider vergessen sie dabei scheinbar einen ihrer Kumpel, der auch keine Anstalten macht mal Platz zu machen. Na ja, war vermutlich zu sehr mit seiner Rumeierei beschäftigt und weil ich ja auch noch den Ralf im Schlepp hatte war ich mal brav und habe keinen Druck gemacht... trotzdem schade bei der Strecke. :(

    [Externes Medium: https://youtu.be/f3xsL8q45vU]


    Unten haben seine Kumpels aber immerhin auf ihn gewartet, weswegen Ralf und ich dann auf den Weg durch das Antholzer Tal in Richtung Toblach stellenweise wieder etwas den Bimbam baumeln lassen und ein wenig Spaß haben konnten. So ziemlich genau bis zur Abzweigung Richtung Innichen kurz hinter Niederrasen. Ab dort dominieren dann ein haufen Samstags- und Sonntagsfahrer die Straße und die gute, alte 2/3-Regel wird auf Teufel komm raus eingehalten: wenn 90km/h erlaubt sind reichen auch 60! Aber sowas von!


    Leicht genervt schleichen wir also nach Toblach, wo ich eine weitere Koffeintransfusion


    benötige, bevor wir es auf dem Weg nach Sappada nochmal auf kleineren Nebenstrecken wie dem Passo Sant´Antonio krachen lassen. Hinter Sappada beginnt es dann mal wieder zu regnen und Ralf kriecht erneut in den Froschanzug.


    Nur vorsichtshalber, denn wenn er ihn anhat, regnet es bestimmt nicht mehr. Oder zumindest nicht mehr viel.


    Was auch zumindest bis Ovrao und noch hinauf auf den Monte Zoncolan so zutrifft.


    Hinab sieht das allerdings anders aus, die Wolken drücken.


    Die Abfahrt machen wir lieber auf der parallel zur alten Straße ziemlich gut ausgebauten Neubaustraße. Ralf ist sich mit seinen Pilot Road 4 nicht so sicher, daher gehen wir lieber etwas vom Gas. Better safe than sorry! :)


    Es wird immer düsterer, als wir von Plaluzza abbiegen Richtung Plöckenpass und bald sehe ich nur noch schlecht. Es dauert etwas bis mir dämmert, dass ich Blödmann immer noch die stark getönte Sonnenbrille aufhabe...^^


    Kurz vor den ersten Serpentinen des Plöckenpass fahre ich rechts ran und tausche den Intelligenzverstärker. Ein Wunder, ich kann wieder sehen. Hallelujah!


    Es geht weiter, der Regen nimmt zu. Trotzdem noch ein schneller Stop für Ralf am hässlichsten Pass, den ich kenne.



    Neben uns sind zwei hübesche Mädels mit ihren KTM am Start. Jetzt wird mir auch klar, warum Rald hartnäckig vom Glöckenpass spricht.^^


    Machen wir es kurz, die Straße runter nach Kötschach ist echt schice. Viel Bitumen, viele Knubbel und Furchen. Wenn man seinem Reifen nicht traut, bestimmt nicht schön zu fahren. Tut mir Leid Ralf, aber für das Wetter kann ich nichts. Wir treffen uns unten wieder.


    Von Kötschach aus sind es noch knapp 25km, die trotz Regen beinahe angenehm und ereignislos gewesen wären: bis die Muddi in Treßdorf mich mal ganz gemütlich derbe ausbremst indem sie vom Supermarktparkplatz vor mich zieht und dann den zweiten Gang nicht findet. Hinter uns wäre alles frei gewesen... da könnt ich mich aufregen!!!


    Whatever, als die Trulla abbiegt winke ich nochmal freundlich und dann sind wir auch bald schon wieder zurück im Durnthaler Hof. Stiefelbier lockt. :)


    Ralf ist heute früh im Bett, ich freunde mich noch mit ein paar anderen Bikern an und nur ein paar "Augenblicke" später:

    Gutti, wenn Du das hier siehst: Du bist ein Knallertyp! :)



    Gegen 23:00 verschiede ich mich dann aber auch ab und falle ins Bett. Der Rest soll wohl noch ein wenig weiterfeiern. Tja, die hatten da den Wetterbericht für Sonntag wohl schon gesehen....

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  • Sonntag, 08.08.21


    Es hatte sich angedeutet, das Wetter ist blöd.


    Wir haben uns zwar schon eine Stunde später zum Frühstück getroffen, aber das Regenradar macht nicht wirklich viel Hoffnung und wir vertagen uns auf später. Ich haue mich nochmal aufs Ohr und tatsächlich: der Regen hat fast aufgehört. Also schnell in die Klamotten gesprungen, aufgesessen und den Nassfeldpass hoch. Geht ganz gut, auch Ralfs Pilot Road 4 machen scheinbar keine Probleme. Also weiter runter nach Pontebba... es liegt zwar schon ordentlich Dreck auf der Straße, weil wir hinter zwei Genussbremsern gefangen sind, ist das aber kein Problem. Da ist er wieder, der liebliche Duft von heißen Bremsen.


    Wir biegen in Pontebba ab in Richtung Sella Cereschiatis, bei angepasster Fahrweise auch hier im unteren, bewaldeten Teil kein Problem. Leider beginnt es wieder zu regnen und in der Localita Aupa rutsch dann in einer Kurve mal kurz mein Vorderrad auf Schmodder. Ralf findet das relativ spektakulär, aber das ist nichts gegen den Augenblick auf der Nockalmstraße, als mir damals noch mit den PiPos beide Räder gleichzeitig abgehauen sind. Trotzdem, ein kleiner Hallowachmoment. :)


    Wir fahren noch weiter bis zur Sella


    wo Ralf dann mal wieder vorsichtshalber in den Froschanzug klettert.


    Nach kurzer Diskussion beschließen wir, dass es bei dem Wetter keinen Sinn macht und drehen um, machen Mittach oben am Nassfeld und touren dann gemütlich zurück ins Hotel. Da ist schon wieder ordentlich was runtergekommen,


    deswegen war es die richtige, rationale Entscheidung.


    Und so ungefähr hätte der Tourtag in etwa eigentlich aussehen sollen... machen wir doch einfach mal ein kleines "Was wäre wenn" daraus... :)


    Nachdem wir uns am Nassfeld eingeschwungen haben, geht es an der Sella Cereschiatis direkt mal spaßig weiter:

    [Externes Medium: https://youtu.be/U5HTD-bgyck]


    Bei Tolmezzo biegen wir ab auf die SP1 zunächst zur Sella Chianzutan und weiter durch das landschaftlich tolle Val d’Arzino, wo eine schnelle Straße mit einigen Galerien Spaß beim Fahren, aber auch tolle Ausblicke birgt. (Ja, hier kann man klicken für ein Panorama^^)



    Auch die weitere Strecke über Forchia Piccola, Forchia di Meduna und und und weiter zum Lago di Redona kann sich sehen lassen. In diesem künstlichem See kann man übrigens bei günstigem Wasserstand noch die Fundamente des Dorfes sehen, das vor der Flutung hier stand. So wie heute am linken Bildrand.


    Von dort geht es weiter nach Tramonti di Sopra und zu einem meiner Lieblinge im Friaul, dem Passo Monte Rest. Die Auffahrt von der Südseite bietet viele Kehren, die Abfahrt nach Norden dafür auch eher schnelle Streckenabschnitte mit vielen spaßigen Richtungswechseln. Dafür sieht man nicht wirklich viel von der Umgebung, aber I love it!

    [Externes Medium: https://youtu.be/oXPPfLneELA]


    So ziemlich direkt im Anschluss kann man den Passo Pura fahren, der ebenfalls eher eine Waldstrecke ist, aber mir auch viel Spaß macht

    [Externes Medium: https://youtu.be/HpgtrWA6Dmw]


    und direkt am Lago di Sauris herauskommt.



    Von hier aus kann man dann weiter über Sella di Rioda und durch das Val Pesarina etwas abkürzen, oder noch die Forchella Lavardet mitnehmen und wie wir am Vortag über Sappada in Richtung Ravascletto fahren. Bei gutem Wetter bietet sich auch noch die Panoramica del Vette an, die direkt auf der Route liegt, aber halt auch aktuell noch einen Schotterteil hat.


    Zurück zum Hotel geht es dann nochmals über den Glöckenpass und Kötschach nach Tröpolach, wo uns bei der Rückkehr dieses Wetter erwartet


    Gut, dass wir zu Hause geblieben sind, aber es hätte halt so schön sein können... :)


    Wirt Helmut, ebenfalls leidenschaftlicher Biker leistet uns zwischendurch Gesellschaft und gibt ein paar Geschichten zum Besten. Auch andere Biker, die wir kennenlernen sind wieder sehr nett und auch heute begeistert wieder das Abendessen, Wirtin Christine kocht wirklich hervorragend.


    Besonders in Erinnerung bleibt neben ausgezeichneten hausgemachten Spätzle der mit Vanilleeis gefüllte Pallatschinken, der woanders vermutlich eine Hauptmahlzeit darstellen würde...


    Nach einem bitter nötigen Verdauungsschnaps verziehen wir uns bald auf die Zimmer. Morgen ist die gemeinsame Reise zu Ende. Rald fährt nochmal in Ruhe über den Glockner zurück zu seiner Familie, die in der Ferienwohnung in Mittenwald auf ihn wartet und ich werde noch einen Abstecher zu meinem geliebten Malcesine am Gardasee machen.

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!

  • Montag, 09.08.21


    Der Abschied steht an, unsere Wege trennen sich hier wieder. Um Punkt 07:30 bin ich abfahrbereit und verabschiede mich von Ralf, der ein angenehmer Reisebegleiter war. Trotz "zu kalt" und "zu warm". :)


    Mich zieht es erstmal wieder durch das Lesachtal, dieses Mal aus der anderen Richtung. Auch schön. Erster Stop: Maria Luggau für eine schnelle Tschick.


    In Huben direkt vor der Grenze gibt es noch einen kurzen Boxenstop um Sprudel für Scarlett zu erstehen, bevor es in Bella Italia mal wieder richtig teuer wird. Weiter über Innichen und Toblach und ich habe das Gefühl, die gleichen Schleicher wie in den letzten Tagen vor mir zu haben. 2/3 Regel und so. :(


    Glücklicherweise lassen sich die Sonntagsfahrer auf der Strecke über Schluderbach und Fiames nach Cortina d´Ampezzo aber meist leicht überholen, und so komme ich langsam in Stimmmung. Die sich schlagartig bei Cortina wieder in Wohlgefallen auflöst. Mann, ist hier was los! Zum Glück in meiner Gegenrichtung bedeutend mehr, aber Spaß macht es erstmal nicht. Bis ich dann bei Vodo di Cadore auf eine kleine Nebenstraße abbiege, und meinen ersten Aufstieg des Tages in Richtung Rifugio Tamalimini in Angriff nehme. Immer wieder gibt es Schotterpassagen, aber Scarlett bewährt sich mal wieder. Trotz Sportreifen.


    Alleine für den Ausblick lohnt es sich, über die Anschaffung einer GS nachzudenken. Nur Spaß! :)


    Einen schnellen Espresso doppio und einen halben Liter Wasser später geht es dann genauso weiter, wie es angefangen hat. Mal "Asphalt", aber halt auch mehrere Schotterpassagen sind dabei. Gut, dass wir Zeit haben...


    Bei Agordo geht es dann wieder über "zivilisiertere" Straßen und zunächst über die tolle Forcella Franche


    und dann über den Passo Cereda.


    Bei Canal San Bovo biege ich gewohnheitsmässig falsch ab in Richtung Passo Brocon. Macht nix, inzwischen ist eh Mittach angesagt und es gibt die am Vortag erstandenen Landjäger. Dann geht es fix retour durch den Tunnel und zur richtigen Ausfahrt im Kreisverkehr und weiter Richtung Lamon, wo ich abbiege in Richtung Roa und es mal wieder etwas kacheln lassen kann, bevor ich nochmals abbiege Richtung Strigno ( Michi: falls der Brocon nochmal gesperrt ist: die Strecke macht mehr Spaß



    als der Schlenker runter nach Primalo wie im letzten Jahr bei der Dolos-Tour^^).


    Was ich bei der Planung nicht wissen konnte: der Abzweig hinter Scurelle mit dem offiziellen Wegweiser zum Passo Manghen sieht auf Google Maps nur deswegen so hell aus, weil er übelster Schotter ist. Ganz feiner, weicher, runder beschi**ener Schotter. Was nicht so schlimm wäre, wenn es da nicht auch noch ca. 10% Gefälle hätte... (dummerweise war ich so konzentriert mich nicht zu legen, dass ich noch nicht einmal ein Foto gemacht habe!)


    Ich bin nicht sicher ob eine GS hier wirklich sooo viel besser ausgesehen hätte, aber in dem Momment hätte ich Scarlett mit Handkuss eingetauscht.^^


    Hinter mir ist noch ein deutsches Päärchen mit ihrem A4 auf die Strecke abgebogen, die rutschen irgendwie auch mehr als dass sie fahren und halten respektvoll Abstand. TomTom meint, dass in zwei Kilometer eine Abzeigung kommt... kommt sie auch und sie führt exakt geschätzte 25m über eine gut befahrbare Brücke. Dann beginnt wieder der Schotter. Ich habe gerade den Kaffee auf und fahre rechts ran für eine schnelle Zigratte danach. Oder davor, je nachdem wie man es sieht. Nachdem ich wieder aufgesessen und nur noch einen knappen km weiter "geschottert" bin, darf ich aber tatsächlich wieder in zivilisierte Gefilde abbiegen. Das mache ich nicht so schnell nochmal und DAS hat man davon, wenn man unbedingt auf den kleinsten Nebensträßchen fahren will, die TomTom eben noch so akzeptiert. Zu den TT Besonderheiten komme ich dann gleich nochmal...^^


    Den Passo Manghen erreiche ich dann tatsächlich ohne weitere Vorkomnisse, außer dass der stellenweise schon sehr schmal ist. Geschenkt, hauptsache es hat überhaupt Asphalt und der macht echt Spaß und belohnt mit großartiger Aussicht.


    Wieder unten im Tal biegen wir dann ab Richtung Bedollo und vor dort in Richtung Passo Redebus. Nie vorher gehört und komischer Name. Ganz nett, aber keine Offenbarung. Kaffee ist aber ganz gut dort. Ist ja auch schwer in Italien einen schlechten Kaffee zu bekommen. :)


    Immerhin kann ich mich nun nach einem kurzen Tankstop in Pergine Valsugana für sportliche €1,81/l auf ein kleines Highlight freuen: der Lago di Caldonazzo


    und damit auch die Kaiserjägerstraße


    liegen vor mir. Leider ist das Bild oben auch das letzte ohne Verkehr, vor mir habe ich einen Kastenwagen, ein SUV und jede Menge Gegenverkehr, der es leider größtenteils nicht schafft, die Ausweichbuchten zu nutzen und daher manchmal in abenteuerlichen Fahrmanövern versucht, durch ruckartiges Rangieren ebensolche doch noch zu erreichen. Tja, das Bergfahrende hat in Italien Vorrang, das ist scheinbar zu den entgegenkommenden Dosenfahrern aus Deutschland und Österreich bisher nicht vorgedrungen. Sie lernen es daher auf die harte Tour. Spaß macht es nicht, aber lustig ist es dann irgendwie schon, den schwitzenden Senior am Steuer seiner fahrbaren Schrankwand kurbeln zu sehen, weil er einfach nicht 20m weiter vorne in der verkackten Ausweichbucht stehen bleiben konnte.^^


    By the way: leider gibt es seit dem Monte Zoncolan kein Videomaterial. Warum? Technischer Defekt, die Cam hat trotz IP68 und Gehäuse Wasser gezogen und ist auf dem Rückweg zum großen Fluss. Hier hätte ich gerne gefilmt... :(


    Wurscht, weiter geht´s. Noch haben wir ein paar km vor uns, aber am Passo Sommo ist mal wieder ein Kaffeewechsel nötig.



    Der junge Aushilfskellner versteht Espresso doppio als Aperol doppio und stellt mir ein Riesenglas hin. Danke, aber nein danke. Es braucht die Chefin um das Misvertändnis aufzuklären, aber ich bekomme sowohl Espresso, als auch einen (hässlichen!) Aufkleber geschenkt. Den Espresso ziehe ich ex weg, der Aufkleber kommt auf die Kratzer im Koffer vom Sturz in Luxembour und ich dübel weiter.


    Die Strecke macht Spaß, über Roveretto und dann Mori geht es bis kurz vor den Gardasee. Bis nichts mehr geht, weil Stau. Durchschlängeln ist zwar eine Option, aber im dichten Gegenverkehr nicht sooo optimal. Also schlagen wir einen Haken bis hinter Praio Saiano, rollen das Feld von hinten auf, bis bei Torbole der normale Stau seinen Lauf nimmt. Auch dort geht es eigentlich erstaunlich gut - die Italiener machen Platz für die Motoristi, nur vereinzelte Deutsche und ein paar Österreicher müssen natürlich demonstrativ zu machen. A****krampen! Geht aber trotzdem und um nur 5 Minuten verspätet als angekündigt steht Scarlett um 19:35 in der Garage vom Hotel Villa Alba.


    Die Hotelrezension erspare ich mir hier, die findet Ihr bei Goole. Die Aussicht ist allerdings gut. :)


    Nach dem langen Tag will ich nur noch unter die Dusche, aber ein Stiefelbier könne ich mir natpürlich vorher noch. Frisch gestriegelt geht es dann ein paar Meter weiter die Straße hoch zu "da Gigi". Erst will man mir keinen Tisch geben, doch wir einigen uns auf einen Kompromiss im draußen im Empfangsbereich.


    Klar, keine Reservierung - letztlich lasse ich mit drei Gängen, Wein, Grappa aber vermutlich mehr Geld dort, als so manches Teenie-Pärchen, das im Hochparkett sitzen darf. Dafür greife ich dann aber auch noch zwei wirklich gute Grappa aufs Haus ab. Es ist doch immer ein Geben und Nehmen... :)


    Leicht angeschickert schleiche ich nach Hause, falle ins Bett und...

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  • Hallo,

    toller Bericht und sehr schöne Fotos. :thumbup: Ihr hattet viel Spaß trotz dem durchwachsen Wetter.

    Gibt zu der Tour auch GPX Daten? Würde gern mal ein Teil davon nachfahren. :)


    Lg aus Ulm


    Dominik

  • Dienstag, 10.08.21


    Der frühe Vogel hat heute eine Meise und ich bin schon deutlich vor der normalen Aufstehzeit um 06:00 wach. Schlecht geschlafen, mieses Bett und zu allem Übel auch noch derbe zerstochen, weil wohl eine Horde Mücken es trotz Insektengittern vor den Fenstern in mein Zimmer geschafft haben. Dann immerhin runter zum See zum Sonnenaufgang schauen. Nicht mal das ist mir gegönnt, denn das Tor ist zugesperrt. Hmpf! Immerhin gibt es im Aufenthaltsraum eine Kaffeemaschine, die ich direkt mal anheize und dann das Koffeein-Niveau normalisiere. Immerhin etwas.


    Um kurz vor 7 erscheint dann immerhin eine nette Dame, die mir das Tor aufsperrt und Brötche mitbringt, aber auch mitteilt, dass es erst ab 08:00 Frühstück geben wird. Porca vacca! Das hätte ich besser vor der Buchung schon erfragt! Also gut, ein schnelle Foto muss reichen,


    dann beginne ich zu packen und mache Scarlett abfahrbereit, es wird sich unterwegs schon etwas finden... Man ist ziemlich verwundert, als ich um kurz vor halb 8 meinen Wunsch äussere auzuschecken. Das Tellertaxi im Frühstücksdienst spricht jetzt auch nicht so super deutsch oder englisch, dass wir reibungslos kommunizieren könnten - aber irgendwie schaffen wir es mit meinem rudimentären italienisch, etwas denglisch und viel Gestikulieren darauf zu einigen, dass ich noch eine ordentliche Strecke vor mir habe und nicht erst gegen halb Neun loskommen möchte. Als ich gezahlt habe befiehlt sie mir "aspettare!" und verschwindet in der Küche, um zwei Minuten später mit einem Apfel und einem scheinbar eiligst mit Käse und Schinken belegten Ciabatta (in einer Papierserviette eingewickelt) wieder zu erscheinen. Ich weiß die Geste zu schätzen und bedanke mich artig. Viel Platz im Topcase ist zwar nicht, aber ich zwänge es zwischen Rucksack und Deckel. Später wird es sich rächen, dass ich es nicht sofort gegessen habe.^^


    Kurz nach halb 8 kann ich dann aber endlich auf den Weg machen. Also mich. Gute Zeit, um am Ufer entlang nach Riva del Garda zu cruisen, eine halbe Stunde später wird es hier schon deutlich voller sein. Die Strecke ist bekannt und erprobt, kurz vor Deva schraube ich mich hoch in die Obstplantagen und gönne meinen Fußrasten erste Kontakt mit der Straße. Herrlisch!


    Bei Preone heisst es dann "scharf rechts" zum Passo Doane, der berreits um kurz vor 9:00 erreicht wird. Tolle Strecke, halbwegs guter Asphalt und Scarlett schnurrt wie ein Kätzchen.



    Runter nach Spizzaro ist dann leider etwas differenzierter zu betrachten: die Strecke führt durch den Wald, der Belag ist eher so lala und in Kombination mit der Sonnenbrille ist es doch noch etwas zu dunkel. Also etwas runter mit dem Tempo. Vor einer unübersichtlichen Kurve rettet mir das vermutlich das Leben, denn plötzlich kommt mir voll auf meiner Seite ein Italiener entgegen geflogen. Ich steige voll in die Eisen, das ABS greift ein und ich komme sowas von rechts am Fahrbahnrand zu stehen, dass ich beinahe noch rechts den Hang runterkippe, denn mein Fuß hängt in der Luft, während der stronzo mich um wenige Zentimeter verfehlt und dann erst eine Vollbremsung hinlegt. Immerhin steigt er aus und entschuldigt sich, aber ich bin gerade getiltet und "sei un pezzo di merda, vaffanculo!" ist vermutlich noch das freundlichste, was ich ihm an den Kopf werfe. Neben ein paar Tannenzapfen, die gerade zufällig am Boden liegen. Ganz ehrlich: ich bin kurz davor, meine Jacke zu zerreissen, einen Farbwechsel in Richtung grün hinzulegen und in windelweich zu prügeln.


    Stattdessen mache ich mir erstmal eine Tschick an und gebe ihm mit einer international anerkannten Geste zu verstehen, dass er sich entfernen darf. Es dauert dann noch eine weitere Tschick, bis ich nicht mehr am ganzen Körper zittere und weiterfahren kann. Bis Pinzolo ist es nicht weit und dort lege ich erstmal einen Stop ein. Noch immer flutet so viel Adrenalin meinen Körper, dass ich den Espresso doppio nicht gebraucht hätte, aber in Kombination mit einer süßen, gefüllten Brioche komme ich langsam wieder runter, akzeptiere das Geschehene und atme es weg. Die anderen Gäste sind vermutlich etwas irritiert, aber die werde ich niemals im Leben wieder sehen. :)


    Frisch gestärkt sitze ich wieder auf und eigentlich sollte jetzt ein schöner Teil der Strecke beginnen, wenn ich Pinzolo auf dem Weg nach Dimaro passiert habe: die schöne Waldtrecke ist schnell, hat ein paar enge Kurven, weite Kurven und am Ende auch ein paar Serpentinen zu bieten. Dummerweise ist sie heute richtig voll und inzwischen bin ich sicher, dass Ferragosta dieses Jahr vorverlegt wurde. Vielleicht liegt es auch einfach nur an Corona und dass viele im eigenen Land bleiben, aber so voll habe ich es in beide Richtungen hier noch nie erlebt - und natürlich sind auch die üblichen Genussbremser, 2/3-Fahrer, Schauinslands usw. wieder unterwegs. Die Feinstaubbelastung durch Bremsenabrief dürfte dieses Jahr sehr hoch sein.


    Auf dem Weg zum Passo Tonnale wird es nicht besser, eher im Gegenteil. In der Dose wären das vermutlich rund 20km Stop and Go gewesen. So nutze ich jede sich bietende Gelegenheit zum Durchschlängeln und Überholen, wo sich die Möglichkeit bietet. Wieder fallen vor Allem Deutsche und Österreicher negativ auf, die konsequent zumachen - als würden sie auch nur ein Mü schneller vorankommen, wenn sie die Motorradfahrer blocken. Elendige A****krampen.


    Immerhin, um kurz nach 11 bin ich am Passo Tonnale. Ein kurzer Fotostop muss reichen


    und es geht ohne Tschickpause weiter. Bislang habe ich gut Zeit verloren.


    Auf den Gavia habe ich bei solchen Verhältnissen keinen Bock, also dübel ich weiter nach Monno und zum Passo Mortirolo. Kurz vor der Passhöhe halte ich bei der Albergo San Giacomo.


    Es ist fünf vor Zwölf und langsam könnte ich wieder Koffeein und auch etwas zu beissen vertragen. Einen Espresso bekomme ich, auf der mir vorgelegten zweiseitigen Karte sind alle bis auf zwei Gerichte durchgestrichen - stutzig macht mich auch das Logo einer Pharmafirma und ein Datum aus 2006. Na gut, es kommt eh niemand mehr um meine Bestellung aufzunehmen. Ich lege €3,-- für den Espresso und ein Wasser auf den Tisch und verdufte. Dann eben nicht.


    Kurz vor der Passhöhe kann man abbiegen, um ins nahegelegene Hochtal weiterzufahren, was ich auch machen. Die Strecke wird mal wieder etwas abenteuerlich,


    aber das ist nur Schmodder der vergangenen Regenfälle über dem, was man hier so als Asphalt tituliert. Der Weg ins Hochtal lohnt sich trotzdem


    und weil TomTom nicht meckert, sondern immer noch behauptet auf der Route zu sein, folge ich gehorsam. Tja, da habe ich mich dann mal wieder selbst verarscht... Bei der heutigen Route habe ich relativ wenig Wegpunkte gesetzt und bei .itn darf TomTom gerne selbst auch mal z. B. Umfahrungen anbieten wenn es irgendwo staut. Es wird also nicht darauf beharrt, dass die Route exakt so gefahren werden muss, wie geplant. In dem Fall lotst mich TomTom am Ende des Tals auf eine Nebenstrecke, die nur minimal schlechter ist als die im obigen Bild gezeigte. Allerdings stellt es auch erst nach ca. einer Viertelstunde fest, dass es doch nicht weitergeht und empfiehlt: "Nach Möglichkeit bitte wenden". Da bin ich mitten in der Wallachei und stehe scheinbar an einer kleinen Ferienhütte, wo mich ein freundlicher Herr aus einem Wohnwagen beobachtet. Weder habe ich eine Ahnung, wie er den Wohnwagen dort hinbekommen hat, noch ob es nicht vielleicht doch dahinter weiter geht. Lachend verneint der Herr, er kennt das schon. Besonders erkundungsfreudige Motorradfahrer hat er wohl mehrmals in der Woche vor seinem privaten Refuio stehen. Er schenkt mir eine kalte Flasche Wasser und eine Hartwurst - beides schmeckt himmlich obwohl ich nicht sagen könnte was für ein Fleisch das jetzt war. Will ich vielleicht auch gar nicht wissen...^^


    Ich bedanke mich, drehe um und fahre wieder eine Viertelstunde zurück zum Plateau. An einer schönen Stelle mache ich einen kurzen Stop und erinnere mich an mein Ciabatta - das sich inzwischen in viele Krümel, Papierfetzen und zerbröselte Käse und Schinenreste an meinem Rucksack aufgelöst hat. Che porcheria! Läuft bei mir. Nicht. Also erstmal weiter zum "richtigen" Pass


    dann runter nach Grosio und über die Schnellstraße nach Bormio. Keine Lust (und auch langsam keine Zeit mehr) auf "ordentliches" Mittag, ein Panini tut es auch. Und es tut gut. Es ist inzwischen schon beinahe 14:30 und ich entschließe mich, den eigentlich geplanten Tankstopp (und den Grappa Großeinkauf in Livigno) auf ein anderes Mal zu verschieben. Es geht zwar noch wie geplant über die Südseite des Stelvio



    weiter zum Umbrailpass


    aber eigentlich habe ich inzwischen den Kaffee auf. Ich habe hier ja schon viel erlebt, aber in den Kurven und Serpentinen überholende Motorrad- UND Radfahrer sind mir neu. Teilweise ballern die Radfahrer mir entgegen so schnell ins Tal, dass ich mich ernsthaft frage ob ich im falschen Film bin. Einfach nicht mehr schön, welche Auswüchse das inzwischen angenommen hat und ich bin froh, dass am Umbrail gewohnt wenig los ist...


    Bei Santa Maria im Münstertal biege ich links ab Richtung Ofenpass


    und dort halt nicht durch Munt la Schera noch nach Livigno, sondern gerade weiter Richtung Zernez und Susch, wo ich zum Flüelapass abbiege. Die Rennleitung steht schlecht getarnt wie immer direkt am kleinen Parkplatz an der Kurve nach der ersten Serpentine, also noch ganz unten. Der Franzose auf der Multistrada, der mich nach der Serpentine mit deutlich mehr als den erlaubten 80 überholt hat, kannte die Stelle in dem Fall noch nicht und ich lache mir ins Fäustchen. Wobei es ehrlich gesagt auch schon nahe an der Höchststrafe ist, nach so einem geilen Wochenende in Österreich und Italien dann durch die Schweiz dödeln zu müssen. Ok, entspannter ist es schon. Spaß macht es im direkten Vergleich dann allerdings deutlich weniger. Irgendwas ist ja immer.^^


    Ich bin jedenfalls brav und darf ohne Kontakt zur Rennleitung den Flüela


    passieren und kurve mich entspannt erst in Richtung Davos, dann über Landquart und mit dem obligatorischen Stop am St. Luzisteig (hier ist vor zwei Jahren Scarletts Strator abgeraucht und ich lege immer eine Gedenk-Tschickpause ein, wenn ich vorbeikomme^^)


    weiter über Vaduz und endlich bei Feldkirch in die EU. Wird auch Zeit, denn Scarlett hat Durst... endlich wieder günstig tanken!


    Die letzten Kilometer schwinge ich mich auf die Autobahn, das spart 20 Minuten. Ich habe echt keine Lust mehr. Scarlett bekommt eine schnelle Dusche in der Waschbox


    und der Termin zum Reifenwechsel vier Tage später war wohl passend gewählt. Der Power 5 hat hinten nach ziemlich exakt 7k km fertig.


    Da ich auch erstmal duschen will, lasse ich die Stiefel schonmal ausdampfen.


    Bier für mich gibts dann auch erst nach der dringend nötigen Dusche. Stressig wars. Schön wars. Lustig wars. Ziel erreicht.


    Danke auch an Ralf für die angenehme Begleitung von Freitag bis Sonntag. Gerne wieder. :)

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!

    Einmal editiert, zuletzt von Erdna ()

  • Die Hotelrezension erspare ich mir hier,

    oh ja, da war ich mal mit meiner Mille GT, ca. vor 20 Jahren, das Hotel wurde in einem Reiseführer bestens empfohlen, per Fax gebucht, die Dame führte uns in die Abstellkammer. mit Bergsicht, das vergesse ich nie mehr, Villa Alba :/ 3 Kilometer weiter fanden wir dann eine Top-Unterkunft ohne Buchung.


    HG

    RS Tommi

    RS-Tommi


    "Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit."

    Erasmus von Rotterdam, Theologe (1466-1536)