Servas mitanand,
manchmal muss ein Mann tun, was ein Mann tun muss. In diesem Fall muss er sich mit den Elterntieren treffen. Und weil wir alle wissen und auch akzeptiert haben, dass es keine gute Idee ist, wenn man den Èrdna zu irgendwelchen Seniorensehenswürdigkeiten wie das Bulle von Tölz - Museeum schleppt, haben wir ein Gentleman-Agreement geschlossen: wir treffen uns, die Eltern zahlen die Ferienwohnung und ich geh tagsüber Motorradfahren. Ganz ehrlich: Frühstück und Abendessen reichen mir dann auch um meinen Familiensinn zu befriedigen.
Nachdem ja letztes Jahr Schenna auf dem Programm stand, wurde sicherheitshalber heuer etwas näher an der deutschen Grenze in Kirchberg in Tirol einem naiven Hotelbetreiber eine Ferienwohnung abgeschwatzt. Da sich die Elterntiere erfahrungsgemäß mit zwei Tagen meiner "Anwesenheit" zufrieden geben, ließ ich sie bereits am vergangenen Wochenende anreisen und machte selbst erst am Donnerstag auf den Weg. Also mich.
Gar früh
geht es los, um Punkt 07:15 sitze ich auf der perfekt vorbereiteten Scarlett und rolle aus der heimatlichen Tiefgarage. Leichtes Warmfahren am Bödele (aka Losenpass) ist angesagt, dann geht es stracks durch den Bregenzerwald in Richtung Balderschwang um die teutonische Grenze zu passieren. Es folgt das erste Highligt: der Riedbergpass ist natürlich morgens um 8 nicht wirklich frequentiert und so erbiete ich meiner großen Liebe die Ehre, indem ich es schonmal ordentlich krachen lasse. Hach, am Liebsten würde ich direkt wieder umdrehen und ihn nochmal fahren. Und nochmal. Und nochmal... Von mir aus auch den ganzen Tag lang.
Hilft aber nichts, ich habe ja eine Verabredung und so geht es weiter über Fischeln und Sonthofen zu einem weiteren Highlight: dem Jochpass. Erst denke ich: geil, nichts los... aber auf der Hälfte der Strecke laufe ich leider doch wieder auf den obligatorischen Bergauf-Genussbremser auf. Die insgesamt 106 Kurven sind auf der gesamten Strecke mit einem Tempolimit von 60km/h und einem Überholverbot gesegnet. Wer da schonmal war, versteht auch warum. Ich füge mich dem Schicksal und schleiche bis zur Applauskurve, wo ich zur Kanzel abbiege und eine kurze Tschickpause mache und die Drohne auspacke. Ihr kennt das ja schon: ins Bild klicken und dann nochmal klicken für ein 360-Grad Panorama...
Jetzt beginnt der "nasse Teil" der Tour, denn ich habe mir eine kleine Seen-Runde zusammengebastelt. Vorbei am Grüntensee und dem Forggensee, den ich allerdings nur aus der Entfernung sehe, geht es über die Hinterhöfe zu einer ersten Koffeintransfusion am Staffelsee.
Die Pause ist nur kurz. Ich hoffe, dass der wenige Verkehr weiter anhalten wird, denn der nächste Wegpunkt ist der Kochelsee und damit verbunden der Kesselberg. Auch hier gilt Tempo 60 und ein Überholverbot. Hmpf! Denn vor mir ist neben einem GS-Treiber auch ein Wohnmobil, das sich qualmend den Berg hochquält. Notgedrungen ergeben wir uns in unser Schicksal - allerdings ist die Strecke jetzt auch nicht sooooo toll, dass es ein riesiger Verlust gewesen wäre. Fahrbahnteiler, Sperrflächen und Co. weisen eindeutig darauf hin, dass man hier gefälligst langsam fahren soll. Vermutlich besser so. Immerhin geht es runter zum Walchensee dann etwas flüssiger. Bei Urfeld allerdings ist scheinbar die Smombie-Apokalypse ausgebrochen. Horden von auf Ihre Smartphones starrende Leute sind unterwegs und sich auch nicht zu fein dafür, einfach mal ohne zu Schauen auf die Fahrbahn zu laufen. Es geht also langsam weiter, der rege Ausflugsverkehr tut sein Übriges.
Bei Einsiedeln biege ich ab auf die Jachenau Privatstraße. Scheinbar sind 5,-- Maut abschreckend genug, denn hier ist deutlich weniger los und so kann ich wieder etwas entspannter den Bimbam baumeln lassen. Ein kleiner Fotostop zwischendurch ist auch noch drin,
bevor es weitergeht zum Sylvensteinstausee. Immerhin: heute macht er wesentlich mehr her, als vor acht Wochen. Reinklicken und so.
Als ich die Drohne gerade wieder zur Landung ansetzen lasse, höre ich hinter mir ein Scheppern. Ein Radfahrer, älterer Herr mit Schmerbauch im Eric Zabel-Gedächtnistrikot, musste sich unbedingt an der am Ende der Parkbucht schräg abgestellten Scarlett und dem Randstein vorbeiquetschen und hat dabei meinen Helm vom Lenker gerissen. Wenig schuldbewusst will der Herr weitermarschieren, aber so nicht. Innerlich kochend, weil der Blödmann nicht einfach einen Meter weiter gehen konnte und dann auch noch abhauen will, stelle ich ihn zur Rede. "Ist doch nichts passiert", meint er. "So ein Helm hält schon was aus"...
Mag sein, oder aber auch nicht. Ich verweise auf die am Helm befestigte Kamera und darauf, dass weder Helme noch Kameras solche Stürze gerne haben. Er wird frech. Ich dann auch. Personalausweis oder Polizei, kann er sich jetzt aussuchen. Umstehende Leute schalten sich ein, ich solle doch die Polizei rufen. Sie hätten auch gesehen, dass er den Helm runtergerissen hat. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum er sich stur stellt - eine Haftpflichversicherung hat ja wohl jeder und die ist genau für sowas da. Er lamentiert noch etwas, bis ich das Handy zücke und ihm sage: Ich habe die Nase voll, ich rufe jetzt die Polizei. Versuch nicht abzuhauen, sonst muss ich Dich leider fixieren - und das wird Dir mehr wehtun als mir... Das sitzt und kleinlaut lässt er mich seinen Perso fotografieren und gibt mir seine Telefonnummer. Damit haken wir das Thema vorerst ab, aber ich werde später nochmal darauf zurückkommen...
Innerlich noch immer etwas brummelig sitze ich wieder auf und bei Bad Tölz biege ich ab nach Süden, um wieder österreichische Straßen unter die Räder zu nehmen und nähere mich dem Achensee. Ziemlich direkt gegenüber von Perisau lockt das Restaurant Bergkristall
mit einer weitere Koffeeintransfusion und einem Mittagessen. Heute Abend wird es vermutlich üppig werden, deshalb entscheide ich mich für ein leckeres Käseomelette. Gute Wahl.
Frisch gestärkt geht es dann weiter Richtung Zillertal. Leider ist irgendwo ganz weit vorne ein Genussbremser am Werk, der teilweise mit 40 nach Fischl runterschleicht. Entsprechend lang ist die Karavane, in der ich mich nun befinde. Der hinter mir befindliche Wagen hängt mir konsequent im Topcase und weder ein freundliches "Abstand halten" Zeichen, noch ein kleiner Brakecheck oder die Warnblinkanlage bringt ihn davon ab, nervt mich aber brontal. Dann habe ich den rettenden Einfall: ich zeige erst auf meine Helmkamera, dann hinter mich auf die am Heck und er sieht auch noch einen bestimmten Finger. Natürlich weiß er nicht, dass ich nicht filme, denn auf einmal habe ich hinter mir 50m Platz. Geht doch.
Im Zillertal boxt der Papst im Kettenhemd, hier ist ordentlich was los. Bei Fügen legt auf einmal ein Dosenfahrer eine Vollbremsung hin, weil er einem anderen Auto das Ausfahren aus einer Einfahrt ermöglichen will... Digga, das nennt sich nicht umsonst Vorrangstrraße hier und es gibt ein ordentliches Hupkonzert. Ja ja, die gelben Kennzeichen immer. Ich lege einen kurzen Tankstop ein und bin bald wieder auf dem Weg nach Zell, wo ich abbiege in Richtung Gerlospass. Beim letzten Mal war das noch eine nasse Angelegenheit, aber heute im Trockenen macht die Strecke richtig Spaß - auch wenn wir in einer Blechkolonne unterwegs sind.
Hinter mir hat sich ein Pärchen auf zwei Harleys eingereiht und so düsen wir ganz entspannt. Bis Gerlos. Dann packt IHN irgendwie die Ungeduld und mitten im Ort schert er aus und überholt die halbe Kolonne vor uns. Absolut unnötig, denn die meisten biegen dort sowieso auf einen Parktplatz ein. SIE wartet immerhin bis zum Ortsausgang, um etwas Boden auf IHN gutzumachen. Ich hänge mich dran, SIE blinkt rechts und fädelt sich wieder ein - um dann unvermittelt ohne zu Schauen und immer noch rechts blinkend wieder rauszuziehen, als ich auf Ihrer Höhe bin. Knappe Kiste, aber es geht nochmal gut. ER hat dann scheinbar doch noch gemerkt, dass SIE etwas überfordert ist, fährt langsam und winkt mich vorbei. Merci.
Den letzten See für heute, den Speicher Durlassboden, lasse ich rechts liegen, zeige an der Mautstelle meinen bereits im Juli erworbenen Gutschein und werde schnell abgefertigt. Nicht viel weiter gibt es einen hochgelegenen, tollen Aussichtspunkt und hier lege ich nochmals einen Stop ein, um der Drohne etwas Bewegung zu verschaffen. Das ist aber auch eine geile Aussicht! (Wie gehabt: reinklicken!^^)
Eigentlich müsste ich ja jetzt weiterfahren, um vom Aussichtspunkt unten noch ein Video aus der Nähe zu machen. Shice drauf, denke ich mir. Fliegen wir einfach hin. Mache ich dann auch und es hat sich gelohnt. Als ich die Drohne automatisch zurückkommen lasse, halten ER und SIE von eben. ER springt sofort von seinem Gerät und motzt mich an. Was das denn sollte, dass ich seine Freundin beim Überholen so bedrängt hätte. Häh? Kurz und bündig erkläre ich ihm, dass er der Spacko ist, weil er sie überfordert und Sie dann einen Fahrfehler gemacht hat. Nichts passiert, von meiner Seite alles gut. ER ist etwas grummelig, SIE steht daneben und ist sichtlich niedergeschlagen. Kann ich auch nicht ändern. Auf Video anschauen wollen sie sich das ganze dann aber auch nicht. Ich wünsche noch eine gute Fahrt, die Mavic ist wieder da. Also wird sie eingesammelt und ich sitze wieder auf. Die Kurven runter nach Krimml sind schön, erst ganz unten treffe ich mal wieder auf eine total überforderte Dame in einem Kleinwagen, die sich im 90 Grad-Winkel um die Kurven eckt... und wieder frage ich mich, warum tut man sich das freiwillig an? Auch Mulder und Scully haben noch immer keine Antwort gefunden.
Langsam nähert sich die Reise ihrem Ende. Durch das Pinzgau geht es ganz entspannt nach Mittersil, wo ich abbiege zum Jochberg und dem Pass Thun. Schöne Strecke - vor allem, weil sie vielfach zweispurig ausgebaut ist. Da kann man nochmal etwas Spaß haben. Leider ist der Spaß dann in Kitzbühel vorbei. Rush-Hour, bähhh. Entsprechend quälen wir uns eher durch den Ort, Schrittgeschwindigkeit ist angesagt. Doch: alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei - und so bringe ich auch diese kleine Unannehmlichkeit irgendwann hinter mich und biege ab in Richtung Kirchberg, dem Ziel des heutigen Tages. Ca. 15 Minuten später rolle ich dann in den Hof der Pension Tannenhof,
wo mich die Elterntiere
schon erwarten. Frisch gezapftes Stiefelbier sucht man hier leider vergeblich, aber immerhin haben sie mir eine heimatliche Spezialität mitgebracht
und so gibt es immerhin ein improvisiertes Stiefelbier. Aaaach, es perlt!
Schnell bissi Gossip mit den Eltern, dann ab unter die Dusche und es ist Zeit zum Abendessen. Die alten Leute können ja nicht mehr so spät...^^ Also wieder unter nach Kirchberg und rein in den Kupferkessel
Heute ist BBQ-Abend und der Smoker raucht schön vor sich hin. Da brauche ich nicht lange in die Speisekarte zu gucken und ich werde auch nicht enttäuscht.
Nach dem Essen wird es schnell dunkel, Muttern ist kalt und will Heim. Ich bestehe allerdings noch auf Espresso und Grappa. Gute Entscheidung, denn das Ausschenken des Nonino wird hier zelebriert. Showtime!
Vattern schaut übrigens etwas verkniffen, weil ihm genau in dem Moment klar wird, dass er seine Extremitäten vielleicht doch besser bei sich behalten hätte... aber bei DEM Dirndl wäre ich ja fast auch in Versuchung gewesen.
Wieder auf dem Balkon und bei einem weiteren Gaffel und einer Marille aus lokaler Produktion vom Freihof checke ich mal eben die Kamera. Und siehe da: MEDIA blinkt da in ganz großen Lettern - ein Zeichen, dass irgendwas mit der Speicherkarte nicht stimmt. Da wären wir dann wieder ein paar Studen zurück am Sylvensteinspeicher... eine neue Speicherkarte nimmt die Cam aber an. Zu Hause stellt sich dann raus, dass die Speicherkarte korrupt ist. Somit sind alle Videos des Tages weg. Immerhin kann ich die Karte formatieren und sie funktioniert dann wieder. Trotzdem ärgerlich für mich...
Leicht angesäuert genehmigen wir uns noch die eine oder andere Marille und ich noch ein Jaffel, dann heißt es gegen 23:00 ab ins Bett. Morgen will ich früh los. Gute Nacht.
Zum Glück hat wenigstens die Drohne keine Ausfälle zu verzeichnen, deswegen gibt es dann doch immerhin noch ein Video mit Luftaufnahmen.
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