Serwas mitanand,
Tourberichte werde ich vermutlich dieses Jahr nicht so wirklich viele schreiben, daher versuche ich mal mein Mitteilungsbedürfnis in andere Bahnen zu lenken und ein kleines Tagebuch zu führen. Einen eigenen Blog aufzusetzen ist mir zu mühsam, daher werde ich einfach hier versuchen täglich mal eine kleine Wasserstandsmeldung zu posten.
Mittwoch, 18.03.2020:
Erster Tag Homeoffice. Eigentlich. Nachdem ich gestern Abend zu Hause meinen PC vorbereiten wollte und festgestellt habe, dass scheinbar mein Arbeitsplatzrechner in der Firma nicht heißt wie erwartet und ich mich entsprechend nicht per Remote-Zugriff verbinden konnte, bin ich also um kurz nach Sieben doch im Büro. Ebenso übrigens wie alle meine Einkäufer-Kollegen, bei denen es auch nicht funktioniert. Unser Einkaufsleiter hats gar nicht erst probiert, aber er hat auch ein Einzelbüro, nachdem der Entwicklungsleiter auch am Wochenende noch in Warth zum Skilaufen war und nun in Quarantäne ist.
Kurze Zwischenbemerkung: bei uns (Fertigung von elektronischen Baugruppen) mach der Einkauf auch die Kundenbetreuung bis die Baugruppe in der Fertigung ist, verhandelt also auch mit Kunden über Bestellungen, etc. Wir sind also weder Fisch, noch Fleisch, noch vegane Frikadelle, aber meistens macht der Mix echt Spaß.
Unsere wie immer hochmotivierte IT-Abteilung nimmt überpünktlich um 08:30 die Arbeit auf und richtet von 08:40 bis kurz vor 11 den mitgebrachten (Privat-) Laptop eines Kollegen ein. Die wichtigsten Einstellungen habe ich protokolliert und traue mir durchaus zu, das zu Hause an meinem (Privat-) PC ebenfalls hinzubekommen.So kurz vor Mittag ist es jetzt auch egal und ich mache noch zwei Kalkulationen und Angebote fertig, kümmere mich um etwas Kleinshice und verabschiede mich gegen 12:30 dann auch ins Home-Office.
Eine unserer Führungskräfte, die am Wochenende ja auch noch unbedingt meinte, in Lech skifahren zu müssen und nun ebenfalls in Quarantäne daheim ist, hat zwischenzeitlich in einer Mail an den Einkauf noch wenig einfühlsam eine "Wir schaffen das"-Nachricht gesendet. Highligh: "Unser Verhalten und Zuverlässigkeit dieser Krisenzeit ist besonders wichtig im Sinne der Aufrechterhaltung unserer Arbeitsplätze." Kann ihm leider keinen kotzenden Smiley schicken, den kennt Outlook nicht.
Zu Hause wird dann die Remoteverbindung erfolgreich eingerichtet und ich beschließe meine Mittagspause im sonnigen Wintergarten zu verbringen. Gedanken an ein Stiefelbier können erfolgreich zurück gedrängt werden.
Nach einer halben Stunde sitze ich dann am heimischen Schreibtisch und der normale Wahnsinn geht weiter. Allerdings nicht wie gewohnt, denn wenn man sonst drei Bildschirme zur Verfügung hat, ist das arbeiten auf nur einem 27" Display doch ziemlich mühsam und ungewohnt. Überlege, am Wochenende den 40" TV als Monitorersatz ins Arbeitszimmer zu verlegen, bei der größeren Fläche und dem geringen Abstand könnte sich das als praktikabel herausstellen.
Was nicht funktioniert: ich kann über die Remote-Verbindung zwar angerufen werden, aber nicht rauswählen. Ich vermute, mein Chef will sparen und dass ich mein Privathandy benutze. Was ebenfalls nicht funktioniert, sind die gewohnten Workflows. Hier müssen wir in den nächsten Tagen / Wochen / Monaten Workarounds etablieren. Die arme Sau, die im wöchentlichen Wechsel alleine im Büro hocken wird muss dann halt die ganzen Angebote, Auftragsbestätigungen, Kalkulationen, etc. für alle drucken und in den jeweiligen Projektordnern ablegen. Das wird ein Spaß. Nicht.
Ein gutes hat die Chose jedoch: nicht nur, dass ich jetzt ungestraft Musik im Headset laufen lassen kann, auf meinem Schoß liegt inzwischen auch Chewbacca, eine meiner Fellnasen. Ich stelle fest, dass eine schnurrende Katze auf dem Schoß beim arbeiten sehr entspannend sein kann, so lange sie nicht mitarbeiten möchte. Notiere trotzdem als Verbesserungsvorschlag "Bürokatze".
Gegen 17:00 klinke ich mich aus der Remoteverbindung aus und realisiere, dass ich direkt in den sonnigen Wintergarten wechseln kann. Nehme auf dem Weg dorthin ein Stiefelbier aus dem Kühlschrank. Ist also nicht alles schlecht heute. Im Gegenteil, ich habe im Homeoffice deutlich konzentrierter schaffen können, da nicht alle zwei Minuten irgendwer im Büro stand und von einem der insges. sieben Kollegen oder mir etwas wollte. Notiere weiteren Verbessungsvorschlag "Öffnungszeiten für Kundenverkehr", wobei mit Kunden hier die Kollegen aus Produktion, QM, etc. gemeint sind. Und natürlich der Chef.
Was ist (unter anderem) sonst noch passiert:
- "Rettungspaket" in Österreich wird um das 10fache des bisherigen Volumens auf 38 Mrd. € aufgestockt
- der größte Arbeitgeber schließt alle Werke in Voralberg vom 23.03. bis 05.04.
- ab sofort Grenzkontrollen auch von Österreich in Richtung Deutschland, gibts in anderer Richtung ja schon seit Montag
- irgendwer in DE muss bemerkt haben, dass die täglichen öffentlichen Reden von Kurz & Co. gut ankommen, deswegen wird Mutti heute Abend im deutschen TV dann auch mal alles schönmerkeln.
Beste Bikergrüße,
André