Text und Bilder von unserem Community-Mitglied Michi
Am Anfang steht das Bild.
Wer kennt das nicht? Man liest einen interessanten Bericht in der Zeitung, hört von einem Bekannten wie toll es doch war oder man sieht ein Bild im Fernsehen und denkt sich: “Wow, da muss ich auch mal hin”. Dieser Gedanke oder besser dieses Bild bleibt fortan im Kopf- und wird zum Ziel der nächsten Reise erklärt.
Col de Chaussy © Michael Janker
So oder so ähnlich geht es vielen und spätestens damit dürfte man (Frau) sich auch mit dem Thema “Einstieg in die Tourenplanung” beschäftigen. Somit beginnt also die Herausforderung der Planung einer Route – aber wie kommt man denn nun zu dem “Plan”?
Zunächst wird es einige geben, die einer detaillierten Planung widersprechen und der Spontanität den absoluten Vorrang geben. Das hat Vor- und Nachteile, und es muss jeder für sich entscheiden, was besser zu ihm passt.
Erste Schritte
Bleiben wir einfach mal beim “Col de Chaussy” - das Bild oben im Beitrag - ein durchaus lohnenswerter Pass mit vielen Kurven oder besser Kehren, welche sicherlich auch fahrtechnisch anspruchsvoll sind. Dieser Col liegt in Frankreich, genauer in den Haute-Savoien und verbindet Pontamafrey mit Montpascal. 18 Kehren zu Beginn und 14 Kehren nach ein paar Kilometern stehen auf dem Plan, wenn man den Col von Süden her anfährt. Auch ist die Straße im Mittelteil in eher schlechtem Zustand, also eine gewisse Erfahrung in den Bergen hat seine Berechtigung. In direkter Umgebung befinden sich auch der Col de la Madeleine und der Col de Telegraphe – Teile der RDGA, der “Route de Grandes Alpes”.
Um eine Planungsgrundlage zu bekommen, gehen wir mal von Garmisch-Partenkirchen als Start der Tourenplanung aus.
Laut Google Maps liegt die Entfernung zwischen Garmisch und Pontamafrey (ohne Autobahn) bei ca. 700 km und führt je nach Route durch die Schweiz bis nach Frankreich. Vermutlich zu viel für einen Tag. Und das ist schon die erste Überlegung, die ansteht: Wie viele Kilometer will man pro Tag fahren?
Das hängt sicher von vielen unterschiedlichen Faktoren ab: Schon alleine Antwort auf die Frage nach der Anzahl der Kaffeepausen, der Tank- und der Fotostopps lässt die maximalen Strecken pro Tag von 200 bis weit über 400 Kilometer reichen. Dazu kommt dann noch die Anzahl der Motorräder in der Gruppe oder die Erfahrung der einzelnen Piloten.
Gehen wir von einer kleinen Gruppe mit 3 Motorrädern aus, die auch alle über die gleiche Erfahrung verfügen und somit in der Gruppe gut harmonieren, so sollten die 700 km in 3 Tagesetappen machbar sein. Das wiederum gibt dann die Grundlage für die Planung der einzelnen Übernachtungen und damit verbunden der Routen.
Wir befinden uns in der aktuellen Planung in Europa, somit sind Grenzen und Grenzübergänge kein großes Thema. Das wird dann spannend, wenn es zum Beispiel auf den Balkan geht oder noch weiter.
Grenze zu Montenegro & Grenze zu Serbien © Michael Janker
Alleine, zu zweit oder in der Gruppe
Das kann nur nach den persönlichen Vorlieben beantwortet werden, und in der Gruppe zu fahren und abends gemeinsam über das Erlebte des Tages zu plaudern, macht einfach riesig Spaß - vor allem wenn die Gruppe harmoniert. Nur hängt das, wie so viel im Leben, immer von Persönlichkeiten ab – und deren Motorrädern, deren Vorlieben für Strecken und so weiter. Es muss einfach passen. Allerdings sollte man große, mehrtägige Touren nur in einer Gruppe fahren, die sich kennt.
Auf der anderen Seite hat auch das Alleinsein auf dem Bike seine Vorteile: Man ist nur mit sich selbst unterwegs und muss auf niemanden Rücksicht nehmen. In der Regel werden dann auch die Tagesetappen deutlich länger...
Alleine oder als Gruppe © Michael Janker
Wird die Tour in einer mehr oder weniger großen Gruppe gefahren, empfiehlt sich zusätzlich zu den obligatorischen Abstimmungen über Eckpunkte der Tour, ein Roadbook zu erstellen. Darin enthalten die Etappen, vor allem aber Kontaktdaten zu den Gruppenmitgliedern und zu den POI – den “point of interest”, wo sind Pausen geplant, wo die Übernachtung. Festgelegt sollte ebenfalls sein, was passiert, wenn man sich verliert – wobei das nicht passieren sollte, wenn man sich an die Regeln für das Fahren in der Gruppe hält. Nur müssen eben diese Regeln auch kommuniziert und jedem Teilnehmer bekannt sein! Und da ist eine abendliche Feedbackrunde beim Stiefelbier nicht verkehrt.
Übernachtungen
Wie bei jedem Thema scheiden sich auch hier die Geister: Während die einen schon Wochen im Voraus wissen, wo sie übernachten, fahren die anderen einfach los und schauen sich vor Ort um. In Zeiten der Onlineportale für die Hotelsuche und Buchungsplattformen kann und muss das jeder für sich selbst festlegen. Nicht zu vergessen die Camper mit dem Wunsch nach einem guten Campingplatz. - Viele Hoteltipps findest Du auf Kurvenkoenig.de
Online Planung oder Offline Planung
Bücher und Kartenmaterial sind nach wie vor ein beliebtes Mittel der Wahl, wenn es um die Planung geht. Aber auch in Fachzeitschriften finden sich genügend Routenvorschläge, die man nachfahren kann. Meistens werden hier auch gleich die entsprechenden Dateien für die Navigationsgeräte zum Download angeboten.
Offline Tourenplanung mit Planungsbücher © Michael Janker
Navigationsgeräte
Viele Motorradfahrer fahren einfach los und lassen sich treiben, der Weg ist das Ziel. Ab und zu mal in die Papierkarte schauen reicht einem vollkommen aus. Das wird dann schwierig, wenn es um längere Touren mit fixen Etappenzielen geht oder die Übernachtung schon vorgebucht ist, man also ein festes Ziel für den Abend vor Augen hat.
Dann können Navigations-Apps für das Smartphone oder ein Navigationsgerät gute Dienste erweisen. Möglicherweise auch die Kombination, wenn es zum Beispiel abseits der normalen Straßen auf Schotterpisten weitergehen soll. Da kommen dann ggf. auch reine GPS-Geräte zum Einsatz. Und nach wie vor gilt: ein Backup mit Karte und Co. kann nicht schaden.
Naviplanung für die Tremola © Michael Janker
Planung von Etappen
Von grob nach fein lautet die Devise und wenn man Übernachtungen im Voraus bucht, dann sind das auch automatisch die Start- und Endpunkte der Tagesetappen. Auch das Tanken sollte nicht vergessen werden - während in Europa das Tankstellennetz gut ausgebaut ist, kann das in weiter entfernten Ländern durchaus problematisch werden. In einigen Online Planungstools kann man sich auch die Tankstellen an der Route anzeigen lassen.
Tankstopps einplanen im Tourenpaner © Michael Janker
Straßensperrungen
Da hat man so toll geplant, und dann kommt sie – die Baustelle und damit verbunden die Straßensperrung. Wohl dem der jetzt ein Navigationsgerät mit Verbindung zum Smartphone hat - möglicherweise wird hier sofort eine alternative Route angeboten. Ansonsten gilt: Wenn man unterwegs umplanen muss, dann immer nur zum nächsten Routenpunkt umplanen, um dann wieder in die Route einzusteigen. So behält man die eigentliche Planung im Blick und notfalls kann man immer noch den direkten Weg zum abendlichen Tagesziel eingeben.
Die eigentliche Tour wird vorbereitet
Fahrer und Fahrzeug sind in gutem Zustand, der Kundendienst ist gemacht und die Reifen haben ausreichend Profil für die anstehenden Kilometer. Auch eine grüne Versicherungskarte ist Pflicht - und ein Schutzbrief bietet viele Vorteile.
Und wer in Gruppen unterwegs ist, sollte vorher schon festlegen, wann die tägliche Abfahrt sein sollte und wie es sich mit den Pausen und Tankstopps verhält.
Film, Foto, Drohnen-Flüge
Das wichtigste Mitbringsel von einer solchen Reise sind sicherlich auch Bilder und Videos. Ob nun mit der Kompaktkamera geknipst oder mit der Spiegelreflexkamera geschossen, die Schönheit des Bildes liegt im Auge des Betrachters.
Videos müssen meistens geschnitten werden und bieten damit Beschäftigung für die kalte Jahreszeit, in der nicht gerade täglich Motorrad gefahren wird.
Und wer eine Drohne sein Eigen nennt, auch hier gibt es viele Vorschriften, die es zu beachten gilt. Dies alles ist mittlerweile so umfangreich, dass dies in einem anderen Artikel genauer beschrieben werden wird.
Während der Reisevorbereitungen sollten auch die Themen Speicherkarten, Akkus, Ladegeräte und mobile Akkus, also Powerbanks, betrachtet werden.
Der Reisebericht
Hier kommen ja die meisten mit vielen Bildern von der Tour zurück und diese werden dann auch gern in Fotobuch und Co. festgehalten. Hier sollte man nicht mit Kommentaren zu den Bildern geizen, nichts ist schlimmer, als wenn man beim Betrachten der Bilder nicht mehr weiß, wo das war.
Trackings-Apps
Mittlerweile gibt es auch Tracking-Apps wie zum Beispiel Polarsteps und Findpenguins. Diese verfolgen die Tour automatisch und man kann die Daheimgebliebenen immer mit aktuellen Bildern und Fakten versorgen. Aber Achtung: auch der aktuelle Standort wird dabei übermittelt.
Meistens kann man aus dieser App heraus auch gleich Fotobücher erstellen lassen - ein näherer Blick darauf lohnt sich in jedem Falle.
Planungstools © Michael Janker
Und wie kommen wir jetzt zum Col de Chaussy?
Über 3 Tagesetappen unter Nutzung des Kurvenkönig Tourenplaners und der Hotelpartner, welchen Ihr hier findet: https://kurvenkoenig.de/motorrad/hotels/suche.html
Tag 1: von Garmisch-Partenkirchen zum Puschlaver See ins Hotel Albergo Lardi (ca. 235 km)
Tag 2: vom Puschlaver See nach Viverone ins Hotel Marina (ca. 265 km)
Tag 3: von Viverona nach Saint Jean de Maurienne, hier ins Hotel Hôtel Restaurant du Nord (ca. 225 km)
Von Saint Jean de Maurienne ist es nur noch ein Katzensprung zum Col de Chaussy und vielen weiteren tollen Pässen und Straßen in Frankreich. Die genannten Touren und Hotels sind nur Vorschläge und sollen als Basis für eigene Planungen dienen.
Und kaum ist man wieder daheim, da steht schon die nächste Routenplanung an – dabei viel Erfolg und: immer schön oben bleiben!
Gerne auch Eure Rückfragen dazu. Vielleicht teilt Ihr uns ja auch mit, welche Themen für Euch besonders interessant sind und welche wir als Nächstes vornehmen sollen.
Kommentare
Domi
Hallo Michi,
sehr gut geschrieben. Hut ab
Mir fällt persönlich die Routenlänge am schwersten beim Planen, wie viel KM schafft man an einem Tag. Hast du da zufällig einen Tipp? Vor allem wenn man insgesamt mit 5 Bikes unterwegs ist.
LG
Dominik
Michi Autor
Servus Dominik,
"it depends" wie man so schön sagt. Also: ein eingespieltes Team wie die GS-Buben machen einen Anreisetag z.B. in die Dolomiten ohne großartige Mittagspausen und ohne stundenlanges Sightseeing mal eben "locker" mit bis zu 450 km. Das ist aber schon recht lang - ich selber plane für Gruppen mit bis zu 5-6 Bikes max. 350 km auf normalen Straßen. Wobei auch die 4 Tagestour 2021 (Italien) fast täglich über 400 km hat, aber es geht doch ums Fahren!
Werden die Straßen schlechter, oder ist Schotter dabei, dann geht das auch mal runter auf 250 oder gar 200 km. Da musst Du bei der Vorbereitung halt schauen. Aber ich sag mal: 300 km pro Tag sollten bei einigermaßen flüssiger Fahrt schon drin sein.
Und wenn ich alleine fahre, dann liegen meine Etappen meist zwischen 360 und 400 km - ich bin aber auch eher der Fahrer, als der Pausentyp. Kaffee und Zigarette ist bei mir nicht (mehr) notwendig Tanken muss ich halt ab und zu mal...
Tourstart am Morgen ist auch nicht unwichtig: wir fahren in der Regel spätestens 1h nach dem Frühstück los. Am Liebsten gegen 08:00, dann bleibt Zeit für den Tag. Alles was Du bis zum Mittag oder gar zum Kaffee vertrödelt hast, ist nicht mehr aufzuholen. Und ich bin gerne spätestens um 17:00 h im Hotel/Pension - wegen Stiefelbier und so...
Ich hoffe das hilft dir weiter.
Beste Bikergrüße, Michi
Michi Autor
@Falli66 und natürlich auch an die anderen Leser:
Es kam die Frage nach dem von mir angesprochenen Roadbook auf - ich würde das in einem eigenen Beitrag machen. Einfach nur als Anhang hier einstellen, macht wenig Sinn. Aber ich schreib den Artikel
Beste Bikergrüße, Michi
Bif Tannen
Hallo Michi,
sehr tolle Anleitung, der ich voll zustimme.
Vielen Dank für die große Mühe, die Du Dir gemacht hast!
Ergänzen könnte man noch die Ausrüstung.
Neben der Kleidung, die bei und je nach Wetterlage ausfällt, haben wir immer dabei:
Regenkombi, allein weil es seltener regnet, wenn man ihn dabei hat 😂
Victorinox Multitool für einfache Reparaturen und ein sinnvolles und nicht zu überfrachtetes Bordwerkzeug sowie eine ADAC- oder Assistancekarte
Eine Powerbank, um das Mobiltelefon aufladen zu können und im Notfall auch einsatzfähig zu halten
Selbstverständlich bei jeder Ausfahrt, eine Warnweste, Verbandspäckchen und Warnleuchte
Papier-Taschentücher, wenn mal Not herrscht und keine Toilette greifbar ist
Desinfektionsmittel, wenn eine Toilette greifbar, aber nicht gebrauchsfertig ist
Flüssigkeit, wenn man im Leder gerade im Sommer schwitzt und nicht ständig eine Gaststätte oder Tankstelle angefahren wird oder werden kann
Bestimmt hat da jeder seine eigene Meinung, was sinnvollerweise mitgenommen werden sollte.
Auch sollte man Regeln zum Fahren in der Gruppe gemeinsam aufstellen, damit man gemeinsam heil und gesund ankommt.
Hier im Forum gibt es z.B. bei den Beiträgen zu den KKT-Treffen Inspirationsquellen.
Wir legen bei unseren Sonntagsfahrern auch die Reihenfolge der Fahrer fest, damit z.B. schwächere Maschinen oder Cruiser bzw. unerfahrene Fahrer nicht überfordert werden oder den Fahrfluss aufhalten.
LG
Bif
Michi Autor
Servus Olli,
Vielen Dank für die Ergänzungen, wenn man das alles dabei hat, kann kaum noch was passieren
VG Michi
alpendrifter
toll gemacht, gratuliere.
Aber fehlen nicht ab dem Abschnitt "Online Planung Offline Planung" einige Bilder?
Alex
Die Bilder hab ich online gestellt und bei der Rubrik vergessen
Baue ich noch ein.
Alex
Die fehlende Bebilderung ist jetzt da.
Sorry Leute, sorry @Michi
Wumi
Auch von mir ein ganz herzliches Danke für diese Mühe die Du Dir gemacht hast.
Kleine Anektode am Rande:
Als wir mal vom Col de Champs nach Ligurien wollten hab ich im Hotel in F ein Hotel in St. Margeritta gefunden.
Dort angekommen nannte mir die Dame einen Preis der 12 Teuro teurer war als der im Immernett.
Auf meine Frage hin zeigte sie auf ein Terminal in der Lobby und siehe da! Wir hatten uns 12 Teuro gespart...
Soviel zum Thema vor der Reise buchen oder nicht.
Klaus Zurr
Hallo Michi, das ist ja Klasse, was Du da zu Papier gebracht hast. Richtig logisch Aufgebaut wie so eine Tour entsteht und dabei sogar die unterschiedlichen Vorgehensweisen je nach Giusto berücksichtigt.
Schon beim Lesen Deiner Anleitung entsteht der Wunsch in mir, in die Planung einzusteigen.
Und was soll ich sagen, ich fange gleich an.
Danke für die Inspiration Klaus
Alex
@Michi, danke Dir für die Mühe. Echt toller Bericht
Michi Autor
Danke Euch, hab ich gerne gemacht! Und wenn Ihr Fragen dazu habt - immer her damit!
Beste Bikergrüße, Michi
K16 johann
Danke Michi, EtappenHotel am See find ich auch immer gut. Da kann man vor dem Abendessen noch ne Runde schwimmen, vorausgesetzt die Temperaturen passen. Gruß Johannes
Falli66
Vielen Dank für deine Mühen. Ich erstelle immer noch eine kleine Broschüre über Wissenswertes oder Sehenswürdigkeiten entlang der Route. Damit meine Mitfahrer ein wenig Hintergrundinformationen bekommen.
Gruß Falli
Michi Autor
Servus Falli, ja so ein Roadbook mit Zusatzinfos ist echt gut - bei längeren Touren baue ich das auch immer auf und verteile das dann vorher.
Beste Bikergrüße, Michi
Andreas73
Prima gemacht, zum Tracking würde ich noch die Relive App empfehlen, finde ich persönlich auch ganz gut.