Süddeutschland - Kurven, Seen und dunkle Wälder / Teil III

  • Dunkle Wälder und eine berühmte Torte


    Wir wischen die letzten Tropfen des Morgentaus von unseren Sitzbänken und erwecken die Motoren zu neuem Leben. Der Schwarzwald ruft, und wir lassen uns nicht zweimal bitten. Von der Hochebene der Baar dringen wir in den südöstlichen Hochschwarzwald ein. „Silva Negra“ bezeichneten die alten Römer dieses dichte, kaum zu durchdringende, Waldgebiet. Wir queren die Wutach, einen der letzten ungezähmten Wildflüsse der deutschen Mittelgebirge. Die Rothausbrauerei müssen wir leider rechts liegen lassen, so verführerisch es auch ist. Alte, dunkle Schwarzwaldhäuser mit ihren heruntergezogenen Dächern prägen die Orte. Ein farbiger Vorhangs aus Geranien und Petunien überrankt die Balkone.

    Malerisch in dichte Wälder eingebettet und von Deutschlands höchstgelegener Talsperre aufgestaut, glänzt das unergründliche Wasser des Schluchsees vor uns. Wir folgen der Alb, die dem romantischen Tal seinen Namen gibt, passieren St. Blasien mit seinem Dom - mit 36 Metern im Durchmesser und 62 Metern Höhe der Größte seiner Art nördlich der Alpen - und den steilwandigen Gletscherkessel Präg, um dann auf schmalem Asphalt, durchs Obere Wiesental, dem Belchen zuzustreben.

    Was wäre jedoch eine Schwarzwaldtour ohne Schwarzwälder Kirschtorte? Die gibt es für uns im Gasthof Belchen-Multen an der Belchenstrasse; natürlich hausgemacht!

    Der Belchen (1.414) ist angeblich einer der schönsten Berge im Schwarzwald (so steht`s zumindest im Reiseführer). Da gibt es sicher schönere, aber zumindest punktet er von der waldfreien Kuppe mit einer schönen Aussicht.

    Der nahe, 1.284 m hohe Schauinsland ist am Wochenende und an Feiertagen zwar für Motorroller- und Motorradfahrer gesperrt, aber davon sind wir glücklicherweise nicht betroffen. In früheren Zeiten wurde er wegen des Silberbergbaus auch „Erzkasten“ genannt. Legendär ist das zwischen 1923 und 1984 dort ausgetragene ADAC-Schauinsland-Rennen. Wir folgen einem Teilstück der bis heute längsten und kurvenreichsten Bergrennstrecke Deutschlands zur Passhöhe. Der Blick schweift über Freiburg hinweg zur Rheinebene, zu den Rebhängen des Kaiserstuhls und bis hinüber zu den Vogesen.

    Von St. Peter führt uns die L186 in recht anspruchsvollen Kehren und Kurven über einen der höchsten Schwarzwaldgipfel, den Kandel (1.241). Hier oben kann man nur den Motor abstellen und die Stille und den Blick über den Schwarzwald genießen.

    Wir gleiten durchs Etztal, machen im historischen Haslach im Kinzigtal noch einen

    Boxenstopp und touren durchs Harmersbachtal, bevor wir nach einer Kurvenorgie in Richtung Allerheiligen die legendäre Schwarzwaldhochstrasse (B500) unter die Räder nehmen. Genüssliches Cruisen ist die nächsten Kilometer auf der Höhenstraße angesagt und die Aussicht auf die Rheinebene und die nahen Vogesen gibt’s gratis dazu. Am höchsten Punkt der Traumstraße treffen wir auf den geheimnisvollen Mummelsee. Nixen, Zwerge und sogar ein König sollen im See am Fuße der 1.164m hohen Hornisgrinde gelebt haben. Von den angeblich bildschönen Nixen haben wir leider nichts gesehen, dafür aber Blechlawinen und Unmengen von Touristen.

    Der Tag neigt sich bereits dem Ende zu, als wir im Bühlertal, in der Nähe der Badischen Weinstraße, die Zündschlüssel umdrehen und die Motoren schweigen.


    Störche und ein guter Wein


    Am Rheinknie „Alter Kopfgrund“ bei Lichtenau wechseln wir die Landesgrenze nach Frankreich. Eine Brücke gibt’s dort keine, dafür eine Autofähre nach Drusenheim. Ich krame schon etwas Kleingeld raus, doch oh Wunder, die Fahrt ist kostenlos. Dem französischen Staat sein Dank!

    Die Hopfenfelder auf den Höhen künden es schon weitem an: Wir nähern uns Hochfelden, der Stadt der Bierbrauer. Die Landschaft wird hügeliger. Vor uns taucht die graugrüne Kette der Vogesen auf. Störche stolzieren über die Wiesen; wir sind im Elsass.

    Am Südzipfel des „Parc naturel régional des Vosges" liegt Saverne mit seinen altenFachwerkhäusern. Die Stadt wird als "Elsässisches Versaille" bezeichnet.

    Das Château des Rohans, ein herrschaftliches Schloss aus dunkelrotem Sandstein und mit einer 140 m langen Fassade, prägt das Stadtbild. Es zeugt vom Reichtum vergangener Zeiten. Am Schlossplatz fällt das berühmte „Maison Katz“ aus dem Jahr 1605 mit seinen prachtvollen Fachwerkschnitzereien ins Auge. Drum herum reihen sich natürlich die üblichen Touristenlokale aneinander. Mitten auf dem Platz dreht sich ein Kinderkarussell. Der Rummel ist natürlich Geschmacksache.

    Bei Saverne schnürt sich der Vogesenkamm auf ganze 6 km, die schmalste Stelle der Vogesen, zusammen. Wir verlassen die Stadt auf der Route de Lutzelbourg entlang des Rhein-Marne Kanals und tauchen sofort in die Stille der Vogesen ein. Nur etwa 5 km außerhalb der Stadtmauern wacht die Ruine eines einst mächtigen Schlosses, das "Auge des Elsass", auf dem Burgberg von Haut-Barr, über die elsässische Weinstraße.

    Dass wir wieder in Deutschland sind, erkennen wir nur an den geänderten Kfz-Kennzeichen. Eine sichtbare Grenze gibt es nicht mehr. Wir gleiten ein paar Kilometer an der Saar entlang und schwenken dann wieder ins Hinterland ab, wo uns schon bald Weinhänge begleiten, Vorboten der nahen Mosel.

    In Palzem, einem kleinen Weinort an der Obermosel, lassen wir unsere Tour durch Süddeutschland - im wahrsten Sinne des Wortes - ausklingen. Auf der Terrasse unseres Gasthauses, hoch über den Fluten der Mosel mit Blick hinüber nach Luxemburg, lässt eine Band den Blues aufleben. Traumhaft!


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    und Tourinfos findet ihr auf meiner Website

    Einmal editiert, zuletzt von Ralf ()

  • Hallo Ralf,

    auch hier noch einmal herzlichen Dank für den schönen Bericht und die Bilder.

    So kann ich mir auf jeden Fall ein Bild vom Belchen und dem Kandel machen. Wenn Thomas und ich Ende September längs durch den Schwarzwald (von Süd nach Nord) fahren, sind dort Großbaustellen eingerichtet und die Strecken dann leider nicht zu befahren. Aber das Schauinsland lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Und da wir Montags dort unterwegs sind, kümmern und die Beschränkungen für Motorräder nicht.... .

    Beste Bikergrüße

    Elke


    "Unser Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können."