KKT 2019 - der Tourbericht

  • Servas mitanand,

    auf vielfachen Wunsch vereinzelter Personen habe ich die Ehre den Tourbericht für die Nachwelt festzuhalten.


    Tag 1

    Donnerstag, 30.05.2019

    Was lange wärt wird endlich gut. Ein knappes Jahr Vorfreude war endlich vorbei und die Eröffnung des KKT nähert sich. Nur noch wenige Stunden und etwas über 200 km müssen hinter mich gebracht werden. Das Wetter sieht schonmal ganz OK aus.



    Pünktlich um 07:55 sattele ich auf, sacke kurz nach Acht Andrzej ein (wie er es von Chur bis zu mir geschafft hatte frage ich mich immer noch - später mehr dazu...) und los geht es auf die erste Etappe nach Altshausen, um dort um 09:30 den Michi zu treffen.



    Ein paar Großbaustellen und Umleitungen verwirren zwar mein Garmin, letztlich waren wir aber überpünktlich da und werden schon von Michi erwartet. Guter Mann.



    Ein kurzer Tschickstop für mich, Andrzej nutzt die Gelegenheit um mal wieder billig zu tanken und dann übernimmt Michi souverän wie immer die Führung. Da seine Frau aus der Region des KKT kommt, kennt er natürlich die beste Route und bald haben wir dann die ersten Kurven unter den Rädern. Von der Tour zum Kuchenessen bei Michis Schwiegermutter vor ein paar Wochen kommen mir ein paar Punkte bekannt vor und um kurz vor 11:00 schwingen wir auch schon die Geislinger Steige hinunter. Knapp 20km vor dem Ziel brauchen wir dann auch keine Kaffeepause mehr und fahren durch nach Steinenkirch, wo uns schon ein Teil der Truppe erwartet.



    Nun heißt es den Elektrolythaushalt wieder in Ordnung zu bringen und einen kleinen Snack zu uns zu nehmen. Als hätte er es gerochen, kommt auch Markus ums Eck um uns Gesellschaft zu leisten. Leider nur für diesen halben Tag, da bei ihm ab Samstag eine ausgedehnte Tour nach Slovenien ansteht. Du hast was verpasst!


    Andrzej, ein Kerl wie ein Baum (Kampfname Bonsai), atmet schnell eine ordentliche Schweinshaxe ein und kurz bevor wir um 12:30 zur Einführungsrunde starten, trudeln mit Roland und Geka auch die beiden anderen schweizer Exilanten ein, checken aber erstmal gemütlich ein und wollten später zu uns stoßen.


    Mo ist etwas nervös weil es jetzt ernst wird, wir starteten die Motoren und damit IST das KKT 2019 offiziell eröffnet. Mindestens einen der drei Kaiserberge immer im Blick gibt uns Mo schonmal eine kleine Kostprobe von dem, was uns in den nächsten Tagen erwarten wird: lange Geraden, schnelle und langsame Kurven, enge Kehren. Dazu ein paar kleine schwäbische Dörfer und feine Aussichtspunkte - also fast wie bei mir zu Hause, nur nicht so hoch. Wohl fühlte ich mich trotzdem.


    Ein erstes Highlight ist der Besuch eines Wasserturms, der sich als typisch schwäbischer Leuchtturm getarnt hat. Eine tolle Rundumsicht macht die 155 Stufen lohnenswert.





    Weiter geht es zum nächsten POI, dem Kaisersträßle auf dem Schurwald. Wir genießen die klare Luft und den wunderbaren Fernblick, Markus repariert mal schnell sein ausgefallenes Abblendlicht durch Tausch der Birne mit dem Fernlicht und weiter gehts.



    Beim Kuchenstop im "Ställe" treffen wir dann auch Roland, Angelika und Kurt, füllen die Kuchenreserve und vor allem den Flüssigkeitspegel wieder nach.





    Nach einer gemütlichen knappen Stunde machen wir uns dann auf zum Highlight des Tages: den Besuch der Whisky-Destille "Old Gamundia" in Degenfeld. Hier hat sich ein Unternehmer, der rein zufällig Brennkessel fabriziert, für seine Rente ein neues Projekt erdacht und mal eben zusammen mit seinem Sohn eine kleine Brennerei und ein halbes Hobbitdorf als Veranstaltungsort aus dem Boden gestampft.




    Inzwischen sind auch die letzten Nachzügler Didi, Elke, Thomas zu uns gekommen, die klugerweise mit dem Taxi vom Hotel anreisten und dem hochprozentigen somit später bei der Verkostung bedenkenlos zusprechen können. Der Brenner Ulrich Kothe erläutert uns humorvoll die unterschiedlichen Herangehensweisen an die Whisky-Produktion und führt uns durch sein wahrlich beeindruckendes Anwesen.





    Zum Abschluß darf jeder der will noch diverse Spezialitäten verköstigen und natürlich auch käuflich erwerben.


    Es wird langsam spät und der Hunger drückt bei allen Kuchenverweigerern, also kurven wir anschließend gemütlich zurück zu unserem Hotel, dem Rössle, und Michi bekommt endlich sein Stiefelbier. Es wird abgerödelt, die Zimmer werden bezogen und gegen 20:00 sammelt sich die Meute langsam zum Abendessen. Das Personal fremdelt anfangs etwas, Didi trägt aber maßgeblich zur Auflockerung bei. Gegen 21:00 haben wir dann alle endlich was Handfestes zu beissen und dank dem Konsum isotonischer Kaltgetränke lockern sich auch die Zungen und erste Zoten werden rausgehauen.


    Mo hat zu diesem Zeitpunkt etwas Mühe die Meute zu bändigen, als sie das Programm des Folgetages präsentiert und wichtige Informationen zu Strecken und Gruppenaufteilung folgen.


    Anschließend leert sich der Saal relativ zügig, es ist ein langer Tag gewesen und gegen 23:00 liegt mein Kopf noch nichtmal auf dem Kopfkissen, als ich auch schon selig schlummere.

  • Tag 2

    Freitag, 31.05.2019


    Um exakt 06:00 reisst mich ein Gebimmel und Gebammel der in Sichtweite befindlichen Kirche aus meinen Träumen von schnellen Mädels und schönen Motorrädern. Das ist ja nicht mehr feierlich. Es sind zwar nur zwei Minuten, aber es kommt mir vor wie eine kleine Ewigkeit bis endlich wieder Stille einkehrt... ziemlich exakt für acht Minuten. Das nun folgende Quieken, als würde eine Horde Schweine abgestochen werden, lässt mich nun endgültig senkrecht im Bett stehen. Später stellt sich heraus, dass der Bauer nebenan im Schweinestall die Sauen mit Frühstück beglückt. Fun Fact: der Orgasmus eines Ebers dauert bis zu 20 Minuten! Gut, dass es nebenan gerade nur ums Frühstück ging!


    Noch ziemlich zerschossen schwinge ich mich unter die Dusche; der Kampf mit dem nicht für meine Körpergröße ausgelegten Brausehalter verstärkt meine latente Unlust. Also die Brause selber hochgehalten. Ich verbuche das mal unter Frühsport. Um kurz nach 06:30 schippere ich in den Frühstücksraum. Michi zelebriert seine senile Bettflucht schon mit einem ersten Kaffee und einem Joghurt aus dem ihm unterstellten Verarbeitungsbetrieb. Ein gutes Zeichen, er weiß immerhin was drin ist. Das Frühstück ist spitze, die Auswahl groß und gut. Darauf erstmal ein Rührei-Brötchen mit Bacon und Kaffee, Kaffee, Kaffee und einem kleinen Glas Saft. Noch soviel Zeit bis 08:45, dem geplanten Sammeltermin. Ich schwinge mich nochmal ins Bett, aber an Schlaf ist nicht mehr zu denken, also lese ich ein Stündchen und mache mich dann gemütlich abfahrbereit.


    Um 08:30 schlägt auch schon Achim, der "Gastguide" des heutigen Tages mit seiner R 1150 GS auf, schnappt sich auch einen Kaffee und versammelt seine heutige Gruppe um sich. Erstaunlicherweise darf ich heute mal mit den Großen spielen (danke Mo!^^) und so reihe ich mich zur Tourbesprechung ein. Ganz gemütlich fahren will er, der Achim. Ein kleiner Scherzkeks. Als hätte er noch nie was anderes gemacht, rattert er routiniert das heutige Programm herunter und merkt: wir sind heiß! Also wird nicht lange palavert, wir sitzen auf und los geht es. Als einzige Nicht-BMW reihe ich mich mit Scarlett hinter Didi und vor Michi am Schluss des Fahrerfeldes ein; Achim, Jo, Gero und Lutz bilden die Speerspitze. Achim gibt den Startschuss zu einem Tag, den ich so schnell nicht vergessen werde!


    Achim legt ein gutes Tempo die Eybacher Straße hinuter vor und die Gruppe sortiert sich. Bereits in der ersten Kurvenkombination erinnere ich mich zum Glück noch rechtzeitig daran, dass diese zumacht und drücke Scarlett etwas gegen ihren Willen um den Radius. Scarlett ist noch nicht warm, ich auch nicht und so lasse ich am Anfang lieber etwas mehr Abstand zu den vor mir fahrenden Didi und Lutz, finde mich aber schnell ein und hänge bald genauso am Gas wie die anderen. Auf langen Geraden kann Scarlett natürlich nicht wirklich gegen die BMWs punkten, aber in engen Kurven und Kehren ist sie in ihrem Element. Über Waldhausen und Schalkstetten geht es Richtung Geislingen an der Steige, auf dem Weg dorthin nehmen wir die ersten engen Serpentinen mit, vor uns die Burgruine Hiltenburg. In Gosbach biegen wir ab Richtung Drackenstein und nehmen noch ein paar Kurven mit. Achim gibt ein ordentliches Tempo vor und Scarlett ist etwas eingeschnappt, dass ich sie so früh am Tag schon fordere. Und fordern musste ich sie, mit ihrem Vierzylinder braucht sie konstant über 5000 Touren, damit die BMW uns nicht davonziehen. Sie schlägt sich aber gut und ich bin stolz auf mein Mädchen.


    Ich verliere allmählich die Orientierung und treffe die vermutlich beste Entscheidung des Tages: ich schalte das Navi aus, gebe mich vollkommen der Gruppe hin und werde eins mit Scarlett. Herrlich. Achim führt uns derweil immer wieder über kleine Straßen, die wir ohne ihn nie im Leben gefunden hätten. Irgendwo mitten imn Wald gibt es den ersten Stop. Ein paar Meter hangaufwärts kann man einen Blick auf die im Bau befindliche Filstalbrücke  werfen.



    Kurz drauf geht es auch schon weiter, sogar an die Schotterer hat Achim gedacht! Es ist zwar nur ein kleiner Waldweg und ein paar hundert Meter "Schotter", aber hier macht sich bereits der Vorteil der GSen bemerkbar. Jo am Anfang der Gruppe hat mit seinem schweren Bike ähnlich wie ich wenig Spaß an diesem kurzen Abschnitt, aber zum Glück ist er schnell vorüber und es geht zurück auf die Straße. Nun folgen einige schnellere Abschnitte auf gut ausgebauten Landstraßen.


    Auf geht es zum ersten Treffpunkt an der Albkante wo wir schon von der gerade angekommenen Reisegruppe "Mo" in Empfang genommen werden. Kurz nach uns führt auch Kurt seine Schäfchen sicher zum Treffpunkt. Ein Fußmarsch von wenigen Minuten führt uns bis direkt an die Albkante. Wir genießen die tollen Ausblick bis zum Stuttgarter Fernsehturm und zum AKW Neckar-Westheim.






    Nach dieser Verschnaufpause trennen sich unsere Wege erneut und Achim gibt einmal mehr ein gutes Tempo vor. Da das Frühstück doch schon wieder ein paar Stunden zurückliegt bewegen wir uns nun auf das Bootshaus zu. Der Verkehr nimmt merklich zu und wir verbringen immer mehr Zeit hinter LKWs der lokalen Steinbrüche, die es hier scheinbar wie Sand am Mehr gibt. Große Teile der schwäbischen Alb waren einmal vom Jurameer bedeckt und daher ist sie ein El Dorado für Fossiliensammler. Wer hier mal Zeit und Muße hat, kann ja mal einen der vielen Klopfplätze aufsuchen.


    Uns steht der Sinn nach etwas anderem, aber der Verkehr macht uns leider einen kleinen Strich durch die Rechnung. Egal, s lebbe geht weider. Wir sind etwas früh dran, als wir das Bootshaus erreichen, aber es gibt Kaffee und bald trudeln auch die beiden anderen Gruppen ein und nach kleineren Misverständnissen erhält fast jeder auch das Mittagessen, das er sich am Tag zuvor ausgesucht hatte. Oder zumindest an das er / sie meint sich erinnern zu können bestellt zu haben...


    Auf dem Klo gibt es dann noch einen in vielen Lebenslagen nützlichen Verhaltenstip.



    Frisch gestärkt scharren wir mit den Hufen und so macht sich unsere bayerisch japanische Reisegruppe wieder auf den Weg. Achim führt uns wie gehabt über Straßen ohne Namen und Nebenstrecken wieder in Richtung der Filstalbrücke, die wir nun von unten bestaunen dürfen. Schon imposant.



    Phämomenal: wie bei übrigens allen Stops hat Achim Hintergrundinfos und auch das eine oder andere kleine Döneken auf Lager - man merkt, er ist mit Herzblut dabei und hat genauso viel Spaß an der Tour wie wir.



    Kurz darauf treffen die beiden anderen Gruppen ein, und wir machen uns auch wieder auf den Weg. Da Mo etxrem gut auf unsere Kalorienzufuhr achtet, führt uns der nächste Streckenabschnitt in Richtung Kaffe und Kuchen beim Deutschen Haus in Weilheim. Wir lagen zwar ziemlich gut in der Zeit, ich war aber trotzdem überrascht, dass Achim vorbeifuhr. Den Grund merkten wir dann eine Kurve später: vor uns lag die Abfahrt nach Weilheim an der Teck, eine Miniaturausgabe des Riedbergpass, mit nicht ganz so viel Schwing, dafür aber viel Schwung - komprimiert auf ca. 4km. Hinunter war schon geil, aber bei der direkten Wiederauffahrt gaste Achim nochmal richtig an und ich glaube als wir dann am Deutschen Haus von den Böcken stiegen, hatte jeder von uns ein seliges Grinsen im Gesicht, Achim eingeschlossen. Didi brachte noch ein "Hömma!" heraus und war dann mal kurz ganz still und in sich gekehrt. Sachen gibts, die gibts gar nicht!



    Nicht viel später trudelte der Rest des Trupps ein, brachte mit Wünschen nach alkoholfreiem Stiefelbier, Holunder-Erdbeer-Schorle, Ingwer-Yasmin-Tee und sonstigen Kombinationen (an die sich nach der Bestellung bis auf Geka natürlich wieder niemand erinnern konnte^^) das Personal durcheinander und schnabulierte das eine oder andere Stück Kuchen.


    Achims Reisegruppe juckten schon wieder die rechten Handgelenke. Michi wollte richtiges Stiefelbier und nicht nur dieses alkoholfreie Substitut, dass er gezwungenermaßen konsumiert hatte. Wir drückten etwas auf die Tube, heute wollten wir etwas früher zum Abendessen aufschlagen, Andrzej´s prächtige Haxe vom Vortag schwirrte dem einen oder anderen noch im Kopf rum. Gesagt, getan. Achim führte uns flott zurück und nach einigen Kurven mehr erreichten wir wieder das Rössle und sattelten ab. Das war mal eine hammergeile Tour, vielen Dank nochmal, Achim, dass Du uns so hervorragend geführt hast - und danke natürlich auch an Mo, die diese Tour ausgearbeitet hat!


    Bei der einen oder anderen Hopfenkaltschale warteten wir dann auf den Rest und mussten erstmal eine Hiobsbotschaft verdauen: Haxe war aus. Etwas geknickt sank die Stimmung leicht, aber dank C2H5OH und den durchaus ansprechenden anderen Gerichten auf der Speisekarte war das Zwischentief bald überwunden.


    Gegen 19:30 versammelten wir uns überwiegend frisch geduscht wieder in unserem exklusiven Speisesaal, ein zweiter Bierhahn wurde für uns eröffnet unsere freundlichen Bedienungen hatten gut was zu tun. Auch auf erneute Nachfrage gab es leider immer noch keine Haxe, aber letztlich musste niemand hungrig ins Bett. Die Stimmung war merklich ausgelassener als am Vortag, was wohl an dem rundum gelungenen Tag gelegen haben musste. Selbst Achim, der noch nach Hause musste um am nächsten Tag ein Familienfest vorzubereiten, leistete uns noch lange Gesellschaft. Irgendwann aber geht leider auch der schönste Tag zu Ende und so fand ich mich um kurz nach 23:00 wieder auf dem Weg in mein kleines Bett und beneidete auch nicht mehr den glücklichen 20-Minuten Eber.

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!

  • Tag 3

    Samstag, 01.06.2019:


    Dreimal dürft ihr raten, was um 06:00 und um 06:10 passiert... RICHTIG! Big Ben und Schweinefütterung. Damit muss man sich hier wohl abfinden. Ändert aber nichts daran, dass man das nicht gut finden muss. Es folgt Frühsport unter der Dusche, Klamotten an und auf zum Frühstück. Leider etwas zu früh. Na gut, dann gibt es eben erstmal ein Lungenbrötchen und bei der Gelegenheit eine Stippvisite bei Scarlett, die sich inzwischen schon fast wie eine BMW fühlte und von dem bayerischen Rudel vermutlich für ein leicht verkrüppeltes Unfallopfer gehalten, aber trotzdem wohlwollend akzeptiert wird.



    Die senile Bettfluchtbewegung erfreut sich wachsender Begeisterung und so ist heute nicht nur Michi schon um kurz nach 06:30 beim Frühstück anzutreffen. Auch Didi, Bernd und Heike sowie der robuste Rhöner Michael folgen mit kurzem Abstand. Das wichtigeste ist der Kaffee, und der wird unaufgefordert immer wieder kannenweise an die Tische gebracht. So muss das sein.


    Wie auch gestern schon schwinge ich mich noch eine Runde ins Bett für eine kleine Lesestunde, wechsle sicherheitshalber mal die Speichercarten in den Cams und finde mich gegen 08:30 auf dem Parkplatz ein. Bernd hat inzwischen seine mobile Töff-Pflegestation geöffnet und ist leidenschaftlich am polieren. Das muss man ja mal sagen: sein Gefährt sieht dreckig noch sauberer aus, als Scarlett nach einem Besuch in der Waschbox. Das ist echte Hingabe!


    Jo wird heute nicht mit uns fahren, er schließt sich der Abwechslung halber heute einem anderen Rudel an; dafür füllen wir die Reihen mit Michael auf. Schon zwei Japaner in der Gruppe, die GSen sehen großmütig darüber hinweg.


    Mo erklärt derweil den Tagesablauf, heute geht es mal grob in nördliche Richtung in das Land der Hohenloher. Zweites Frühstück in 45 Minuten in Leinzell mit Hefezopf und Kaffee, dann weiter nach Vellberg, ein mittelalterliches Städtchen ohne Horden von Touristen (= Geheimtip!), von dort weiter zum Schloss Langenburg und dem Mittagessen, weiter die Jagst entlang zum Schloss Stetten und nach Sulzbach an der Murr ins Brauschlössle zu Kaffee und Kuchen. Mo meint es wirklich nicht gut mit unseren Astralkörpern. Weiter geht die Reise nach Schwäbisch Gmünd und über den Furtlespass zurück zum Rössle. Das Wetter passt auch wieder, strahlender Sonnenschein und blauer Himmel - hoffentlich wird es nicht ZU warm...


    Wir warten freudig erregt auf Sany, einen Kumpel von Achim und unseren heutigen Tourguide. Die Messlatte von gesten liegt hoch... Pünktlich 08:45 rollt auch er standesgemäß auf einer R 1150 GS in den Hof, holt sich schnell einen Kaffee und erklärt in groben Zügen die heutige Tour. Da er ein Urgestein ist und Navis was für Pussies sind, wird er die Tour aus dem Kopf fahren. Respekt! Schnell sind die grundsätzlichen Dinge wie "kein Überholen in der Gruppe", "an Abzweigungen warten, wenn die Gruppe nicht komplett ist" usw. nochmal erklärt. Alles klar, hat gestern ja auch perfekt funktioniert. Eine Sache noch: das mit dem zweiten Frühstück lassen wir lieber mal sein - wir sind ja keine Hobbits. Sany ist zum Glück mit uns aus der gestrigen "Reisegruppe Achim" einer Meinung, dass wir jetzt nicht unbedingt in 45 Minuten schon wieder anhalten müssen. Noch schnell ein, zwei, zehn Gruppenfotos und dann kanns losgehen.




    Gentlemen, start your engines. Es lockt ein neues Abenteuer und Sany legt genau wie Achim gut vor. Heute fällt das warmfahren leichter, trotzdem lieber erstmal ein wenig mehr Abstand lassen, so 100% konzentriert bin ich ob der frühen Weckrituale hier noch nicht. Wir ziehen also durch bis Vellberg, knapp 160km liegen vor uns. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich gestern die ungeschriebene Bikerregel "Tanke am Vorabend" nicht beherzigt habe und nur noch für ca. 200km Sprit im Tank habe. Normalerweise reicht das ja dicke, aber Sany gibt wirklich gut Schotter. Später stellt sich heraus, dass Michael Schuld ist. Er will eigentlich nur während der Fahrt schnell die Gültigkeit von Sany´s TÜV checken und schließt daher nahe auf, was erster als Aufforderung zum schneller fahren (miss-)versteht. Rückblickend wird die Tageshöchstgeschwindigkeit von 141 km/h ausgerechnet in einer 70er Zone erreicht. Müssen wir wohl beim Anflug übersehen haben. Kommt bestimmt nicht wieder vor! Sany´s TÜV ist übrigens vor einem Monat abgelaufen. ;)


    Zwischendurch komme ich mir vor wie ein Känguruh. Eine echte Buckelpiste lässt Scarlett hoppeln und an einer kleinen Koppe kurzfristig die Bodenhaftung verlieren. Didi und Lutz vor mir sitzen auf ihrer GS wie ein Fels in der Brandung und hoppeln nicht... das gibt mir zu denken. Mal wieder. Gestern hatte ich schonmal über ein Upgrade für Scarlett von Wilbers nachgedacht, nun hätte ich es gerne tatsächlich installiert. Oder würde noch lieber auf einer GS sitzen.^^


    Wir schraddeln also weiter durch die Botanik und mein Blick fällt immer wieder auf die sich nun rasch Richtung roten Bereich zubewegende Tankanzeige von Scarlett. Da ich den Impulsgeber mal ausgemessen habe weiß ich, dass "leer" eigentlich "noch drei Liter" bedeutet. Trotzdem werde ich langsam nervös, bei unserem Gaszug könnte das auch ein böses Ende nehmen. Tut es zum Glück nicht, wir erreichen Vellenberg und während die anderen schon durch die Wehrmauer hinauf in den Ortskern steigen, fahren Michael und ich zurück zu einer kurz vor dem Ortseingang befindlichen Tanke. Knapp 18 von 20l passen schließlich in den Tank, was einer Restreichweite von knapp 30-40km entspricht. Das war knapper, als mir lieb ist.


    Wir fahren zurück zum Sammelpunkt und in dem Glauben, die anderen kommen gleich zurück habe ich keine Lust auch nach oben zu steigen und packe meinen Klappstuhl aus. Keine 5 Minuten habe ich gesessen, als Michi fragt, wo wir bleiben. Man hat sich zum Kaffeetrinken niedergelassen. Das war so ziemlich das einzige Reizwort, dass mich gerade aus meinem gemütlichen Plätzchen in der Sonne vertreiben konnte. Also den Stuhl wieder eingeklappt und durch die Katakomben hoch zu den anderen. Kaffee ist schon was feines und Sonne gibt es oben auch, also wird das Päuschen doch ein wenig ausgedehnter. Wir haben ja die Frühstückspause ausgelassen, also liegen wir im Plan.




    Als wir wieder bei unseren Motorrädern sind, ist Mo´s Reisegruppe auch gerade eingetroffen. Ein kurzes Schwätzchen und weiter geht es in Richtung Schloss Langenburg. Sany kennt sich wirklich gut aus und vermutlich hätten wir viele der Straßen über die er uns führt ohne ihn niemals gefunden. Wir verdoppeln mal eben beinahe die eigentlich notwendige Streckenlänge und kommen gegen 12:45 dort an. Vor dem Schloss gibt es ein Automuseeum, aber das sind uns zu viele Räder, also auf zum Mittagessen und einem Bikerweizen.







    Frisch gestärkt brechen wir wieder auf, bevor die anderen ihr Essen erhalten. In der Pause haben wir abgesprochen, dass wir lieber ein frühes Stiefelbier nehmen, als zwischendurch nochmals Kaffee und Kuchen in uns zu stopfen. Auch den Fotostop am "Goldenen Haus" werden wir auslassen, wir haben bei den Temperaturen einfach keine Lust, nach Schwäbisch Gmünd reinzufahren. Stattdessen werden wir lieber einen Abstecher zum Ebnissee machen und am dortigen Bikertreff ein alkoholfreies Weizen kippen. Sany findet das OK, die Gruppe entscheidet. Immerhin kam der Vorschlag ja auch von ihm. Guter Mann!


    Mo hat für uns einen "tricky" Teil eingebaut, einen kleinen Abschnitt, der so eng, schlecht einsehbar und anfangs unscheinbar ist, dass sogar Sany erstmal an der Zufahrt vorbeifährt. Er korrigiert aber schnell und gottlob kommt uns niemand entgegen, das hätte an dieser Stelle böse enden können. Dafür haben wir scheinbar einen renitenten Motorradhasser vor uns, der, nachdem die Hälfte der Gruppe an ihm vorbeiziehen konnte, zu macht und Kampflinie fährt. Nach kurzer Zeit zuckt Michi aus. Denke ich zunächst. Er ist wie wild am Hupen und blendet wiederholt mit der Lichthupe auf. Huch, so kenne ich ihn ja gar nicht - allerdings ist der Typ vor uns echt ein Arsch. Kurz drauf können wir tatsächlich überholen und der Audifahrer bekommt von mir einen seltenen Finger gezeigt. Nun klärt sich auch Michis Verhalten: er setzt sich neben mich und brüllt: "Bei Dir ist irgendein Teil abgefallen!!!". Irritiert schaue ich kurz hinter mich, ziehe aber weder eine Rauchwolke hinter mir her und auch beide Auspuffe sind noch dran. Ich brülle zurück "weiter bis zur nächsten sicheren Haltemöglichkeit!" - hier möchte ich nicht stehenbleiben.


    Bald darauf landen wir wieder auf der Hauptstraße, ich fahre rechts ran und steige ab. Schnell wird klar: die hintere Cam hat sich verabschiedet. Das Industrieklett ist noch da, aber der Kleber des Trägers der Cam hat wohl der Belastung durch Buckelpisten und hoher Temperatur nicht standgehalten. Michi will suchen fahren, aber ich sehe wenig Chancen das Ding im Graben wiederzufinden und zucke die Schultern, während ich §4 des Kölsches Grundgesetz zitiere: Wat fott es, es fott. Genau wie die Gruppe übrigens, die ja vorher schon auseinander gerissen wurde. Wir fahren also weiter. Kurz hinter dem Ortsausgang wartet zumindest schonmal Didi und schert vor uns wieder ein. Wir fahren noch einen guten Kilometer, als Achim uns entgegenkommt, direkt wieder wendet und mit uns zusammen nur ein paar Meter weiter auf einen kleinen Rastplatz an der Landstraße einbiegt. Na ja, das mit dem Aufpassen auf seinen Hintermann hat in diesem Fall nicht wirklich funktioniert. Ich erzähle, was los war und auch die anderen wollen die Cam suchen fahren. Ich aber nicht, dafür ist mir die Zeit zu schade und an der Waldstrecke würden wir sie eh nicht finden. Schade ist es allerdings um das Videomaterial auf der Speicherkarte, aber ich hatte ja zum Glück morgens gewechselt und daher nicht die vergangenen drei Tage verloren. Gibts halt demnächst eine neue Gebrauchte von Rebuy oder Ebay... aber die wird dann festgedübelt. ;)



    Nach kurzer Pause fahren wir weiter, die Sonne brennt uns inzwischen ziemlich auf die Mütze und es hat locker 30 Grad. Aufbruch zum Ebnisee. Sany führt uns durch eine Waldstrecke mit Tücken, zweimal müssen wir wenden. Ein paar wenige Fußgänger haben dort im Wald scheinbar nicht mit einem Rudel Töffahrer gerechnet und wirken erstaunt was wir da wohl verloren haben. Frage ich mich auch, aber schön ist es schon. Durch den Wald findet Sany den Weg in urbanere Gegenden und gegen kurz nach 16:00 erreichen wir den Bikertreff. Ausgleich des Elektrolythaushalts mittels Erdinger Alkoholfrei ist nun auch dringend geboten.




    Ganz schön was los hier. Das scheint "the place to be" zu sein und man findet Bikes aller Couleur. Auch bei Autofahrern scheint der Platz beliebt für eine kleine Asirunde zu sein; wir sehen diverse Lambos, Ferraris und einige Porsche. Ein Milchbubi fährt Papas Porsche mit entweder seiner eigenen oder Papas Freundin spazieren, altersmässig lässt sich das nicht genau differenzieren. Michis ursprüngliches Ziel "Stiefelbier um 17:30" wird langsam knapp, daher machen wir es kurz und sind bald wieder auf dem Weg. Sany führt uns nochmal etwas abseits vielbefahrener Routen über Nebenstrecken ein paar Kurven räubern, gast aber nochmal gut an und Didi beschließt in einer Passage mit etwas engeren Kurven und ein paar Kehren einen Gang zurückzuschalten und das Tempolimit von 70 einzuhalten. Der Rest der Gruppe ist bald außer Sicht.


    Kurz drauf stehen Didi, Michi und ich an einer Einmündung vor einem kleinen Dilemma: rechts oder links abbiegen... die Gruppe ist weg. Didi und ich fahren vor zur Abzweigung und auf der leicht geneigten Straße verpasst Didi einen sicheren Stand und seine GS kippt gegen mich. Ich habe zum Glück beide Füße auf dem Boden, mein linker Seitenkoffer und ein beherzter Griff mit der linken Hand verhindern, dass Didi komplett umkippt. Bodenkontakt ist leider trotzdem da, aber dafür gibt es ja den Motorschutzbügel. Michi ist schnell zur Stelle und hilft erst Didi und dann das Bike aufzurichten. Nachdem der erste Schreck überstanden ist bemerke ich erst, dass mein Fuß auch noch irgendwo dazwischen war - besser gesagt, mein kleiner Zeh. Dieser wird in den nächsten Tagen einmal alle Regenbogenfarben durchlaufen, doch davon merke ich erstmal nichts, denn ich bin in dem Moment auf 180.


    Die Aktion war absolut unnötig und wäre nicht passiert, wenn wir uns an die morgens noch besprochenen Regeln gehalten hätten. Ein paar hundert Meter weiter die Straße entfernt sehe ich dann an der nächsten Abzweigung auch die Gruppe und Gero, der sich gerade auf den Weg in unsere Richtung macht. Michi und Didi sortieren sich noch, ich fahre schon zur Gruppe, tue erstmal lautstark meinen Unmut kund und mache die Jungs rund. Ich nehme auch Sany in die Pflicht und bestehe darauf, von nun an "entspannt" nach Hause zu fahren und fordere nochmal högschde Disziplin für den letzten Streckenabschnitt. Didi und Michi sind auch wieder bei uns und den Rest des Weges bringen wir ohne besondere Vorkommnisse hinter uns.


    Als wir wieder beim Rössle sind bin ich auch wieder runtergekommen und entschuldige mich bei den Jungs für meine deutliche Wortwahl. Fällt einem schließlich nicht jeden Tag eine GS auf den Fuß, aber Haken dran. Das Wichtigste ist, dass Didi nichts passiert ist und das Stiefelbier haben wir uns jetzt wirklich verdient!


    Wir dekorieren den Gastgarten etwas um, um genug Platz zu schaffen und kurz darauf steht das ersehnte Stiefelbier auf dem Tisch. Nachdem einige zischende Geräusche erklungen sind wollen wir direkt Nachschub ordern. Unsere Bedienung will den weiten Weg zum Zapfhahn noch nicht wieder in Angriff nehmen und verweist auf die noch gut gefüllten Gläser. Challenge accepted. Nicht einmal 5 Sekunden später ist zumindest mein Glas leer und ich beschwere mich augenzwinkernd über die Luft in meinem Glas. Die Nachricht kommt an und bald steht eine neue Runde vor uns. Unsere Bedienung ist zu Späßen aufgelegt und schäkert erst ein wenig mit Didi um dann das alte "Ratet mal wie ich heiße"- Spielchen zu spielen. Immerhin verrät sie uns den Anfangsbuchstaben "C", ist aber über das daraus resultierende, einstimmige "Chantal" wenig begeistert, weswegen sie uns auch den Endbuchstaben "A" noch verrät. Mehr brauche ich nicht und fortan nenne ich sie "C&A"; Michael errät etwas später Corinna, als sie uns die dritte Runde bringt.


    Sany, auch Dir an dieser Stelle vielen Dank, dass Du uns toll geführt und uns so viele Strecken gezeigt hast, die wir sonst nie im Leben zu Gesicht bekommen hätten! Und das alles aus dem Kopf, ohne Navi und nur mit Papierkarte als Backup. War wieder eine tolle Strecke heute!

    Der Rest der Truppe trudelt auch ein, wir nehmen noch eine Runde Weizen und dann geht es schon mit leichter Schlagseite unter die Dusche und anschließend zum Abendessen. Wie immer ist das Essen hervorragend, allerdings mit einer deutlichen Einschränkung: Haxe ist schon wieder aus! ;(


    Schwamm drüber, müssen wir halt nochmal wiederkommen. Die Stimmung ist wieder spitze, bei Achims Gruppe auch dank der Druckbetankung vor dem Essen. Schade, dass dies schon unser letzter Abend ist und morgen die Heimreise ansteht. Etwas früher als an den Vortagen, aber auch mit etwas mehr Schlagseite tue ich es den Meisten gleich und gehe gegen 23:00 ins Bett. Ein weiterer toller Tag, trotz der kleinen Aufregung kurz vor Schluss. Ich schließe die Augen und bin sofort im Traumland bis...

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!

  • Tag 4

    02.06.2019


    ... um 06:15 der reguläre Weckreflex einsetz und ich zu meiner üblichen Zeit wach bin. Das Fenster habe ich gestern Abend nämlich in der Hoffnung, mal ein bis zwei Stündchen länger schlafen zu können, zugemacht und daher sowohl Kirche, als auch die Schweine überhört. Ich liebe es, wenn ein Plan nicht funktioniert. Nicht. :cursing:


    Etwas zerstört vom Vortag erledige ich das Morgenritual und schleppe mich zum Frühstück. Michi sieht aus, wie ich mich fühle und klammert sich an einen Kaffee. Die schlechte Nachricht: sonntags kommt der Bäcker erst gegen 07:00, also behelfe ich mir erst mal mit Rührei, Müsli und einem auf meinen Wunsch hin mit einer Tasse aus Kaffee gekochtem Kaffee. Und noch einem. Und noch einem. Irgendwann kommen dann die Brötchen, aber mehr als ein Halbes schaffe ich dann auch nicht mehr. Scheinbar war gestern irgendwas mit der Bierleitung nicht in Ordnung, heute sehen irgendwie alle, die nach und nach wie bei einem Casting für die nächste Staffel TWD in den Frühstückssaal geschlurft kommen, etwas Schice aus.


    Mit Michi, der für die Heimreise noch eine "kleine" Tour geplant hat, habe ich verabredet, dass wir gegen 08:15 den Heimweg antreten. Andrzej begleitet uns leider nicht, da er am Abend noch zur Spätschicht muss und lieber auf direktem Weg und schnellstmöglich wieder zurück nach Chur fahren möchte. Kann ich verstehen. Aktuell möchte ich eigentlich auch gar nicht wirklich Motorradfahren. Kommt selten vor, aber heute ist einer dieser Tage. Wie auch immer, Andrzej hätte uns besser begleitet...


    Klamotten zusammenpacken, Zimmer räumen, etc. geht schnell und so stehe ich um kurz nach halb Acht schon wieder vor Scarlett und verräume mein Zeug. Solange Mo und Kurt nicht da sind ist an eine Abreise sowieso nicht zu denken, auschecken müssen wir auch noch, also zische ich noch einen Kaffee, drehe schonmal eine Verabschiedungsrunde durch den Frühstücksraum und mache mich dann mit Michi auf, offene Rechnungen zu begleichen. In diesem Fall die des Hotels mit mir. Leider mag das Kartenterminal im Hotel meine österreichische Maestro-Card nicht und mir bricht der Schweiß aus. Könnte zwar auch an dem einen schlecht gewordenen Weizenbier vom Vorabend liegen, ist aber eher meine Scham, nicht zahlen zu können. Das Budget an Echtgelt gibt gerade noch 80 Öre und ca. 5700 Forint her, welche dankend abgelehnt werden. Glücklicherweise bin ich das Wochenende im Hotel ausnahmsweise mal nicht unangenehm aufgefallen und darf den Rechnungsbetrag überweisen. Das erspart immerhin die Fahrt zum nächsten Bankomat und vor allem die Suche nach Ebendiesem irgendwo in Geislingen. Motivation ist an diesem Tag ebenso noch ein Fremdwort für mich wie frischer Atem; irgendwann letzte Nacht muss ich eine tote Katze verschluckt haben.


    Mo und Kurt knattern um kurz nach Acht auf den Hof und die meisten anderen Teilnehmer haben sich inzwischen auch im Hof bei ihren Bikes versammelt und verstauen ihr Zeug. Lediglich Geka verpasse ich leider irgendwie (sorry!) und so sitzen Michi und ich tatsächlich gegen 08:15 auf dem Bock, um die Heimreise anzutreten. Motivation ist immer noch ein Hund, ich bin etwas traurig und irgendwie ist es noch zu früh. Hilft aber alles nichts, die letzte Etappe dieses wirklich tollen Wochenendes liegt vor mir. Leicht wehmütig verlassen wir den Hof und Michi übernimmt die Führung in Richtung Herbertingen, wo wir uns für dieses Mal trennen werden.


    Inzwischen habe ich ja schon einiges von der Schwäbischen Alb gesehen und erkenne auch einige Stellen wieder, trotzdem hat Michi nochmal eine kleine Tour zusammengestellt, die uns zu bisher nicht erkundeten Strecken führt. Die anfängliche Unlust verfliegt zwar nicht schnell, aber doch irgendwann. Gut gemacht, Michi.


    Kurz hinter Beuron machen wir einen letzten Fotostop und verabschieden uns langsam, aber sicher von der Schwäbischen Alb.



    Bis nach Herbertingen ist es nur noch eine knappe Dreiviertelstunde, dann finden wir im Hotel Engel noch einen schönen Gastgarten für eine kleine Jause und ein letztes gemeinsames alkoholfreies Weizen. Andrzej hat sich inzwischen von Unterwegs gemeldet und fragt, warum die Wegweiser inzwischen so komisch gelb aussehen. Erste Vermutungen deuten darauf hin, dass er die Schweiz bereits durchquert hat und sich inzwischen in Frankreich befindet.



    Kurz darauf meldet er sich erneut und bekundet, sich immerhin noch in christlichem Umfeld zu befinden. Allerdings zeigt sein Navi scheinbar nur noch die Himmelrichtung an.



    In der Whats-App-Gruppe bricht bei den bereits wieder daheim Befindlichen hektische Aktivität aus und es wird darüber nachgedacht, die schweizer Bernhardiner-Staffel zwecks Rettungseinsatz auszulösen. Michi und ich können eh nichts tun und beschließen in Richtung Heimat aufzubrechen. Leider trennen sich unsere Wege hier. An dieser Stelle auch Dir, Michi, nochmals Dank für eine schöne Route zurück in Richtung Heimat.


    Dass ich wie auf der Hinfaht auch schon durch Altshausen komme geht mir irgendwie dadurch. Schade eigentlich, denn dort hätte ich gewusst, wo die Tanke ist. So dübel ich gedankenverloren und in Erinnerung an die vergangenen drei Tage verloren vorbei und merke ca. 20km später, dass ich doch langsam mal wieder tanken sollte. Kein Problem, wird schon noch eine Tanke kommen. Kommt aber nicht. Anstatt einfach weiter auf direktem Weg zu fahren und entspannt in Ravensburg zu tanken "glaube" ich, dass Weingarten näher ist. Da war ich schonmal irgendwann beim Burger King. Na ja, oft häscht a Pech, wie man bei mir in der Gegend sagt... wirklich auf den letzten Drücker erreiche ich die Tanke in Weingarten, Scarlett hat schonmal leicht gehustet. 19l gehen dieses Mal rein. Bin ich heute untertourig gefahren oder was ist da los? Klar ist, so wie in den vergangenen Tagen war ich definitiv nicht unterwegs und scheine wohl den perfekten Drehzahlbereich leicht verpasst zu haben?


    Egal, inzwischen tut mir wirklich der Poppes weh und ich habe keinen Bock mehr. Bis nach Wangen ist es nicht weit und die letzten Kilometer werden per Autobahn zurückgelegt. Dummerweise fast vollständig durch eine Baustelle bis zur österreichischen Grenze bei Lindau, aber nach dem Pfändertunnel ist es nur noch eine Abfahrt und dann 10 Minuten bis nach Hause. Augen zu und durch. Ich fahre kurz an der Waschbox vorbei. Alles voll. Gut, dann nicht. Morgen ist auch noch ein Tag. Auf nach Hause und Scarlett wird nach insgesamt 1454km direkt in die Tiefgarage bugsiert. Das Stiefelbier ruft!



    Andrzej hat es übrigens zwischenzeitlich auch wohlbehalten nach Hause geschafft. Etwaige Gerüchte über sein Verschwinden sind daher stark übertrieben.


    Mein persönliches Fazit: fünf lachende Sonnen im Fleißheftchen. Der Zustand meiner Reifen spricht wohl für sich selbst... Rechtskurven scheinen mir besser zu liegen. [Blockierte Grafik: https://community.kurvenkoenig…ets/png/1f609.png?v=2.1.4]


    Vielen Dank an Euch alle! Ihr habt dieses Wochenende zu einem hervorragendem Erlebnis gemacht. Besonderer Dank an Mo und Kurt für die perfekte Organisation des KKT 2019 und besonders für die tollen Strecken, die Ihr für uns ausgesucht und wieder und wieder gefahren habt, bis es wirklich perfekt war! Auch nicht vergessen möchte ich unsere Guides Achim und Sany, hoffe ihr hattet genau so viel Spaß mit uns zu fahren, wie wir mit Euch.


    Die Meßlatte für das KKT 2020 liegt hoch! Challenge accepted! Wobei ja eigentlich mit so einem tollen Haufen wie Euch (außer drei Tagen Regen) fast gar nichts schief gehen kann...


    Danke auch, dass Ihr Eure Fotos geteilt habt - an denen ich mich stellenweise für diesen Bericht bedient habe.

    Ich würde mich freuen, wenn vielleicht noch der eine oder andere den Bericht ergänzt. Da ja drei Reisegruppen unterwegs waren, kann ich nur meine Erlebnisse wiedergeben und ich bin sicher, es gab noch andere schöne Erlebnisse, die ich hier nicht abgebildet habe.

    Das Leben ist kein Ponyschlecken!