Ist halt die Wahl zwischen Pest und Cholera. Einerseits muss die Wirtschaft, auch Gastro und Hotellerie, wieder hochgefahren werden - andererseits muss man das Virus auch weiterhin "im Griff" behalten.
Nun bin ich ja technischer Einkäufer und Projektbetreuer und kein Virologe oder sonst auch nur irgendwie über Erste Hilfe hinaus qualifizierter medizinischer Experte. Aber(^^):
Aktuell haben wir bei den Infizierten vor allem wohl lokale Cluster. Je lockerer wir das ganze jetzt zukünftig handhaben, mit Reisen etc., desto wahrscheinlicher ist doch statistisch, dass es da zu einer größeren Durchmischung kommt... und dann haben wir auf einmal viele, viele Infektionsherde mehr. Ob man das dann noch im Zaum halten kann?
Bitte nicht falsch verstehen, ich sehe die Notwendigkeit für Lockerungen. Ich sehe aber keine Notwendigkeit, z.B. deutsche Touristen in Österreich urlauben zu lassen - oder österreichische in Südtirol. Nicht, weil ich es den Menschen nicht gönne, sondern weil die Nachverfolgbarkeit von Urlauberströmen und Kontakten einfach nicht gegeben ist. Und ehe wir uns versehen, könnten wir dann alles, was wir in den vergangenen Wochen und Monaten erreicht haben, wieder verspielen und das Spiel geht von vorne los. Gehe direkt in Quarantäne, gehe nicht über Los, ziehe nicht €4000,-- ein.
Klar gibts da Apps, da kocht aber jeder sein eigenes Süppchen und die Aluhutfraktion schreit laut "Totalüberwachung". Ansatzweise hat sie nunmal leider ja auch Recht damit - wie asiatische Lösungen (und auch deutsche oder österreichische Ansätze) ja deutlich zeigen.
Wir haben also nicht nur ein wirtschaftliches Dilemma, sondern zusätzlich noch ein ethisches und ein persönliches, moralisches (nämlich die Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Menschen). Alle bekommen wir nicht unter einen Hut. Also wo macht man die Abstriche?
Klar, ich wünsche mir auch nichts sehnlicher, als meine Freizeit auf dem Motorrad verbringen zu dürfen, neue Orte kennenzulernen, Familie und Freunde zu treffen, gesellige Abende zu verbringen. Ich stelle mir aber auch die Frage: hilft mein Verzicht jetzt zu verhindern, dass das alles noch viel länger dauern könnte und noch wesentlich schwerwiegendere Auswirkungen hat? Eigentlich fehlt mir (außer Motorradfahren natürlich!) nichts essenzielles, ich habe ein Dach über dem Kopf, ausreichend zu Essen, fließendes Wasser warm und kalt, Netflix und Prime Video funktionieren und bislang muss ich auch noch keine Angst vor plündernden Horden haben. Arbeit habe ich auch mehr als genug, sogar systemrelevante, da wir u.a. Medizingeräte produzieren.
Natürlich freut mich die Gesamtsituation überhaupt nicht und klar gibt es Menschen, denen es deutlich schlechter geht, die aktuell nicht wissen wie sie über die Runden kommen sollen oder ob sie demnächst noch einen Job oder ihr Geschäft haben. Aber dann erinnere ich mich daran, dass hier nicht alles in Schutt und Asche liegt (wie zum Beispiel in der Kindheit meiner Eltern) und dass vielleicht Urlaub in anderen Ländern zwar nice to have wäre, aber nicht elementar wichtig für mein Seelenheil ist. Aber da haben vermutlich andere Menschen eine andere Einstellung zu, was natürlich auch OK ist.
tl:dr:
Ich würde mich freuen, wenn ich im Juli zu meinem Geburtstag im Hotel Kornock an der Turracher Höhe einchecken können würde. Wenn es sich nicht ausgeht, werde ich es aber auch überleben.